uhause - ein Ort, den ich sehr mag und an dem ich gerne bin. Doch dass ich einmal soviel Zeit zu Hause verbringen werde, hätte ich bis vor wenigen Wochen nicht geglaubt. Kaffee am Morgen, Brotzeit zwischendurch, Meetings, Facetime mit Freunden, Serienmarathon, virtuell in die Ferne schweifen - fast alles findet momentan in meinen eigenen vier Wänden statt. Für ein bisschen Luftveränderung gehts auf den Balkon, in den Hinterhof oder eben zum Einkauf in den Supermarkt und natürlich auf ausgiebige Hunderunden. Und damit unsere täglichen Streifzüge durch den Kiez und Umgebung nicht zu einer Gähn-Veranstaltung werden, lassen wir uns auf Mikroabenteuer ein.
Spazieren gehen im Hier und Jetzt
Keine Sorge – Niko und ich pirschen nicht im Crocodile Dundee-Look mit Fernglas durch unseren urbanen Dschungel. Vielmehr starten wir unseren Spaziergang mit einem ganz bewussten Abschalten. Meine Sorgen, volle To-Do-Listen und die Gedanken an das nächste Meeting bleiben zu Hause und dürfen es sich solange auf der Couch bequem machen. Das ist mir anfangs gar nicht so leicht gefallen. Aber von Mal zu Mal wird es besser. Sogar das Telefon bleibt (meistens) in der Tasche und meine volle Aufmerksamkeit gehört Niko und was um uns herum passiert. Morgens, wenn die Stadt noch schläft, konzentriere ich mich gern auf Geräusche. Vogelzwitschern. Wieviele verschiedene Vögel sind hier? Welcher Gesang ist am Schönsten? Wo kommt er her? Und was raschelt eigentlich dort im Gebüsch?
In dem kleinen Park hinter der Bibliothek atme ich gerne ganz tief durch und verlasse mich – wie Niko – ganz auf meine Nase. Denn gerade jetzt blühen dort die Rosenbüsche. Dieser liebliche Duft gibt mir sofort ein Gefühl von Leichtigkeit. Und mhhh, wie würzig der Plänterwald momentan nach wildem Bärlauch riecht. Oder wie herrlich frisch fühlt sich die Luft nach einem Regenguss an?
Oder ich beobachte einfach nur meinen Hund. Was sagt seine Körpersprache aus, wie bewegt er seine Schlappohren (oh ja – auch solche Ohren haben eine Menge Aussagekraft), was verfolgt er gerade mit seinem Blick? Da lässt sich eine Menge lernen.
Mini-Workout im Stadtparcours
Niko liebt es, Unbekanntes zu entdecken und dabei neue Sachen auszuprobieren.Ob in der Stadt oder im Grünen, es gibt überall natürliche Hindernisse, die jeden Spaziergang für Köpfchen und Körper bereichern. Jedes kleine Balancieren auf Baumstämmen oder kleinen Mauern macht ihn nicht nur selbstbewusster, sondern tut auch sein Gutes für die Muskulatur. Rennt den Hügel im Volkspark hoch, übt die Balance auf kleinen Steinmauern oder lass‘ den Hund einfach drüber springen, nutzt die umliegenden Bäume, Laternen, Absperrpfeiler oder Bänke zum Slalom laufen. Mit aufmerksamen Blick lassen sich auch in einer sehr vertrauten Umgebung noch immer Dinge entdecken, mit denen sich wunderbar gemeinsam Spielen lässt. Um zerbrochenes Glas, scharfe Gegenstände auf dem Boden oder herausstehende Splittern machen wir allerdings einen großen Bogen.
Und auch das schönste Spielen braucht genügend Pausen. Denn es geht nicht darum, möglichst viel zu machen oder möglichst lange. Wird Niko langsam unkonzentriert, ist es höchste Zeit für ein kurzes Verschnaufen.
Je geringer die Luftverschmutzung am Himmel, desto heller leuchten die Sterne
Unsere Spaziergänge folgen eigentlich relativ festen Uhrzeiten. Eine erste Morgenrunde während in Berlin fast noch alles schläft. Eine kleine Stippvisite rund um den Platz am Vormittag, gefolgt von einer längeren Runde zwischen Mittag und frühem Nachmittag … Warum nicht einfach mal zu einer anderen Zeit spazieren gehen? Statt in der Mittagspause durch die Sonne zu schlendern, hat die hereinbrechende Dämmerung oder sogar die kühle Nacht ihren ganz besonderen Charme. Vor allem versuche ich damit, Nikos Vorbehalte gegen Dunkelheit zu zerstreuen. Die vergangenen Silvesternächte klingen auch monatelang noch nach. Sobald die Sonne untergegangen ist, lässt er sich nämlich nur sehr ungern für eine kleine Runde durch den Kiez überreden.
Aber gerade jetzt zeigt sich das sonst so pulsierende Viertel von einer neuen Seite – durch die geschlossenen Bars sind kaum mehr Nachtschwärmer unterwegs und auf den Straßen ist es wirklich still. Und für Niko? Mehr Ruhe und Platz zum Schnüffeln und Entdecken. Und der Mut wird mit dem Blick auf schönste Sternenhimmel belohnt.
Die frische Luft genießen und dabei Gutes tun: der Clean-Up-Walk
Berlin ist eine tolle, inspirierende Stadt, die mich vor vielen Jahren mit offenen Armen empfangen hat. Ganz offenherzig sind leider auch die vielen Müllecken, die so manchen Spaziergang zu einem echten Hindernislauf machen. Kronkorken, leere oder zerbrochene Glasflaschen, Einweggeschirr aus den umliegenden Restaurants, Chipstüten oder Überbleibsel vom letzten Ausmisten zu Hause. Und natürlich die vielen Zigarettenkippen nicht zu vergessen, die Nikos Spürnase wie kleine griechische Sirenen auf der Suche nach Leckerbissen anlocken.
Also warum nicht das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden? Zu Clean-Up-Walks wurde bei mir im Kiez schon diverse Male aufgerufen und auch in den sozialen Medien machten bereits andere Hundefreunde darauf aufmerksam. Einmal hier angefangen, kann man eigentlich gar nicht mehr aufhören. Eine Sisyphusarbeit, die sich hoffentlich irgendwann auszahlt. An kleinen Grünflächen und Parks ist das Müllsammeln meist besonders effektiv, aber auch entlang beliebiger Wanderwege in Wäldern oder an den Uferläufen der Seen findet sich leider auch so einiges. Handschuhe und ein robuster Stoffbeutel sind gute Helfer; für den Kleinkram kann eine Greifzange sehr nützlich sein.
Auf Kaffee- und Kuchentour
Duftender Kaffee, ein Stück saftiger Lemon Drizzle oder ein mit leckerem Kokosnusspudding gefüllter Donut – wie vermisse mich meine Routine, samstags eine Weile im Lieblingskaffee zu sitzen, zu genießen und einfach Menschen und ihre Geschichten an mir vorbeizuziehen zu lassen. Während sich Niko immer wieder an das Knie von Karl schmiegt, sich streicheln lässt oder ganz aufgeregt mit dem Schwanz wedelt, sobald er Victoria hinter dem Tresen erspäht. Wir beide sind eben echte Genießer. Gerade am vergangenen Wochenende fehlte mir diese Auszeit und auch Niko scheint seine Lieblingsmenschen mittlerweile ziemlich zu vermissen. Warum also nicht auf kleine Kaffee- und Kuchentour gehen und unseren Lieblingsorten einen Besuch abstatten? Als Starter ein Espresso Tonic in der Weserstrasse nebst ein paar Ohrenkraulern für den Pudel – ein kurzes Gespräch und schon fühlt sich dieser Samstag Morgen schon viel normaler an; weiter gehts in den Graefekiez – ein Sauerteig-Brot für das Sonntagsfrühstück und ein Teilchen auf die Hand. Und weiter gehts … teile die Spazierroute in kleine Etappen ein und genieße die Pausen mit einem Kaffee, Eis oder worauf immer du Lust hast.
Flanieren nach Instinkt
Nichts müssen und den Tag mit allen Sinnen aufsaugen. Sich einfach treiben lassen und dabei ganz die Uhrzeit vergessen? Dieses bewusste Loslassen kann unglaublich befreiend wirken. Denn in meinem Alltag habe ich es nahezu verlernt, ohne konkretes Ziel den Tag zu genießen und die Gegend zu erkunden. Wie schön ist allein schon der Gedanke, mit den ersten Sonnenstrahlen zu Hause aufzubrechen und frei nach Schnauze an jeder Kreuzung zu entscheiden, wohin es geht. So habe ich ganz in unserer Nähe einen neuen Kiez kennengelernt, der mich nicht nur mit seinen blumenbehangenen Hausfassaden begeisterte, sondern auch idyllische Grünoasen für den Pudel bereithielt. Und das ganz ohne Google Maps und Plan. Ein Ausflug, der sich mehr als gelohnt hat und uns auf jeden Fall wiederkommen lässt.
Nach Hause geht’s, sobald die Sonne wieder untergeht – und damit unterwegs immer für Leib und Wohl gesorgt ist, gehört immer genügend Trinkwasser ins Handgepäck.
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In den vergangenen Wochen habe ich habe die Vielfalt meiner Umgebung neu kennengelernt. Ein Abenteuer ist ein Abenteuer, egal ob klein oder groß. Und von den kleinen sind viele zum Greifen nah und entfalten sich als wertvolle Schätze in unserem Alltag.