Wie Bio-Böden und Möhrensuppe pudelwohl machen
Wenn der pudelige Bauch mal grummelt, steht bei uns schnell ein Topf Morosche Möhrensuppe auf dem Herd – ein bewährtes Hausmittel gegen Durchfall und Bauchweh, das in so manchem Hundehaushalt geschätzt wird. Doch Möhre ist nicht gleich Möhre! Für den besten Biss und vollen Geschmack greife ich ausschließlich zu Bio-Gemüse. Da mache ich auch für Niko keine Unterschiede. Warum das heute mehr Bedeutung hat denn je, habe ich an einem Septembertag im Wendland erfahren dürfen.*
Pünktlich zur Möhrenernte durfte ich bei der Naturkostsafterei Voelkel einen Einblick in den Kreislauf der bio-dynamischen Landwirtschaft gewinnen. Denn damit gutes Gemüse wachsen kann, braucht es einen gesunden Boden. Aber alles nochmal von vorn … Bereits als Kind verbrachte ich viel Zeit in unserem Garten. Zwischen unserem Augustapfelbaum, Mini-Gewächshaus aus alten Fenstern und diversen Gemüse- und Blumenbeeten war ich gemeinsam mit meinen Großeltern von Frühjahr bis Herbst beschäftigt. Doch damit nicht genug hatte es mir zusätzlich unser Schulgarten angetan. Schon damals war ich beeindruckt, wie sich verantwortungsvolle Pflege im Wachsen und Gedeihen der Pflanzen widerspiegelt. Umso neugieriger war ich nun, wie nachhaltige Landwirtschaft heute funktioniert und wie mein Konsumverhalten diesen Kreislauf unterstützt.
„Unsere Ernährung beginnt im Boden. Damit der Boden gesund ist und bleibt, braucht er Nährstoffe. Nur so siedeln sich für seine Gesundheit wichtige Lebewesen und Mikroorganismen an. Im Sinne einer biologisch-dynamischen Landwirtschaft wird er also mit Kuhmist, anstatt mit Chemie gepflegt. Denn nur so lässt sich ein gesunder Humus aufbauen. Auf einem Feld sehen wir die Folgen der konventionellen Landwirtschaft: ausgelaugte Böden, die das Wachstum beeinträchtigen und die Umwelt belasten. Mit biodynamischer Landwirtschaft lässt sich der Boden wieder regenerieren, was langfristig die Fruchtbarkeit und das Klima schützt.
#Bodenconnection – Auf gutem Grund
Über 95 Prozent* unserer aller Ernährung (eben auch die unserer Tiere) sind abhängig vom Boden. (*Quelle: Agrar-Atlas 2019) Tatsächlich sorgt der Boden nicht nur für einen gut gefüllten Bauch, sondern ist wesentlich mitverantwortlich für die Zukunft unseres Ökosystems. Er lässt Pflanzen wachsen, die wiederum Kohlenstoff aus der Luft filtern und dem Boden zuführen. Damit ihm das auch gelingt und sich viele Nützliche im Boden ansiedeln, braucht es allerdings die richtige Pflege: Bio-dynamische Landwirtschaft achtet auf sinnvolle Fruchtfolgen und den Aufbau einer natürlichen Bodenstruktur, damit die Nährstoffe gut durchdringen können und wir schließlich in unserer Ernte schmecken.
Auf meiner Tour ging es direkt zur Humusaufbereitung zu Sebastiaan Huisman. Seit vielen Jahren engagiert er sich in unterschiedlichen Projekten wie auf Rügen und im polnischen Juchowo für die Gesundheit der Böden und die Erhaltung ländlicher Kulturgemeinschaften. Im Boden sieht Sebastiaan die Lösung vieler Herausforderungen, denen sich unsere Gesellschaft heute stellen muss. Dazu forscht er und macht mir an diesem Tag viele Zusammenhänge deutlich. Denn schaue ich mich mit offenen Augen um, zeigen sich überall die Folgen der konventionellen Landwirtschaft: erodierte, entkalkte Böden, chemische Belastungen, Mangel und Verschmutzung von Wasser und der Verlust von Biodiversität.
3.000 Milliarden Tonnen Kohlenstoff speichern Böden heute! Neben den Ozeanen spielen gesunde, humusreiche Böden eine Schlüsselrolle im Kampf gegen den Klimawandel. (Quelle: Save the Soil, Greenpeace)
Heute unterstützt Sebastiaan als landwirtschaftlicher Berater der Gräflich Bernstorff’schen Betriebe in Gartow und ist über seine Arbeit eng mit Voelkel verbunden. Auf seiner Humusaufbereitungsanlage zeigt er uns, wie sich Humus nachhaltig aufbauen lässt und welchen Einfluß dieser auf Boden und zukunftsfähige Landwirtschaft und nicht zuletzt auf den Klimawandel hat. „Ein Boden, der genügend Humus enthält, ist relativ trocken und riecht gut“, erklärt uns Sebastiaan und lässt uns beherzt in die satt-braune Erde greifen. Irgendwie ein gutes Gefühl! Vielen Menschen fehlt tatsächlich der Bezug zum Boden und damit einhergehend das Verständnis für den Zusammenhang zwischen gesundem Boden und gesundem Klima.
"Die biodynamische Landwirtschaft ist die natürlichste Form der Landbewirtschaftung. Sie lässt die Humusschicht kontinuierlich wachsen und setzt zu Gunsten der Bodenfruchtbarkeit auf Präparate aus Mist, Heilpflanzen und Mineralien."
Das sieht und schmeckt man – als wir einige Kilometer weiter auf einem Möhrenfeld stehen. Dicht an dicht ragt das Wurzelgemüse aus dem Boden. Mit einem kräftigen Knacken lassen wir uns die Möhren direkt vor Ort schmecken. Nicht nur ich bin begeistert – echter Geschmack, frisch und sooo lecker.
25 Prozent der Böden weltweit gelten als ausgelaugt. Sogar 45 Prozent der Böden in Europa zeigen deutliche Qualitätsverluste – Indizien, die sich über den geringen Anteil an organischen Substanzen spiegeln. Sebastiaan hat sich die Wiederherstellung und den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit zu seiner Lebensaufgabe gemacht. Er möchte Vielfalt schaffen, um somit das gesamte Lebendige zu fördern. Die Aufbereitung eines nährstoffreichen Humus ist hier nur ein Baustein. Für ein nachhaltig funktionierendes System sind ebenso Bewässerungssysteme, eine schonende Bearbeitung der Felder, gut durchdachte Pflanzenfolgen, Heckenbepflanzungen und Wasserlandschaften genauso wichtig. Allerdings betont er auch die übergreifende gesellschaftliche Verantwortung, die Jurek Voelkel später im Gespräch noch einmal sehr deutlich unterstreicht: Mit unserer ganz bewussten Entscheidung für Bio-Lebensmittel in Demeter-Qualität tragen wir diesen Kreislauf entscheidend mit. Ganz egal, ob ich für meinen eigenen Speiseplan einkaufe oder eben Nikos Obst- und Gemüserationen.
Direkt neben den Möhren erstreckt sich ein riesiges Kleefeld. Sebastiaan erklärt uns daran die Komplexität der Fruchtfolgen: Im regionalen Ökolandbau rund um die Naturkostsafterei werden die Möhren nur in gewissen Jahresabständen für eine optimale Pflanzenfolge angebaut. Neben den sogenannten Hackfrüchten (also die Möhren) wechseln sich Kleegras, Dinkel als auch andere Getreide wie Hafer ab.
„90 Prozent des Saatguts sind hybrid“
, erklärt Jurek Voelkel. Das Familienunternehmen arbeitet ausschließlich mit samenfesten Sorten. Anders als hybride Hochleistungssorten kommen sie ganz ohne Stickstoffdünger und Pflanzenschutzgift aus. Ein sehr beruhigendes Gefühl, das sich schmecken lässt. Aus jeder Generation der Pflanzen werden Samen gewonnen, aus denen die nächste Generation heranwachsen kann.
Wie kann ich persönlich die Bodengesundheit unterstützen?
Zwar ist das Angebot an Bio-Lebensmitteln gefühlt ziemlich gewachsen, dennoch machen die Anbauflächen im ökologischen Landbau aktuell nur rund 10 Prozent aller Anbauflächen in Deutschland aus. Mit unserem Einkaufsverhalten tragen wir in allen Lebensbereichen ganz maßgeblich dazu bei, welche Produkte erzeugt werden und zu welchen Bedingungen. Greife ich also bewusst zu ökologisch erzeugten Lebensmitteln, unterstütze ich ganz einfach den Schutz des Bodens. Und auch auf meinem Balkon kann ich im Kleinen einen Beitrag leisten: durch die Wahl der richtigen Blumen- und Pflanzenerde, Verzicht auf handelsüblichen Dünger und durch eigenen Kompost. Seit gut zwei Wochen ist donnerstags Gemüsekisten-Tag. Die PlantAge eG habe ich schon häufig auf diversen Messen in Berlin getroffen. Ein Flyer über die Gemüse-Genossenschaft lag schon einige Zeit auf meinem Tisch. Nach meinem Besuch im Wendland musste ich nun endlich Nägel mit Köpfen machen. Ökologisch, sozial, tierleidfrei und regional – und auch für den Pudel ist einiges an Grün dabei. Angebaut wird vor den Toren Berlins und als Genossenschaftsmitglied darf man sogar selbst auf dem Feld anpacken. Transparenter und selbstbestimmter geht es (ohne eigenen Anbaugrund) nicht!
🥕
Ein gesunder Boden ist Lebensraum und Lebensspender. Mit dem, was auf unseren Tellern landet, treffen wir ganz bewusst eine Entscheidung für unsere Gesundheit und auch für die Zukunft unseres Ökosystems. Das gilt für unsere eigene Ernährung als auch für die unserer Vierbeiner. Und hier schließt sich der Kreis. Denn mit der Entscheidung, Niko zu adoptieren, ist auch meine Verantwortung für einen möglichst ökologischen Fußabdruck gestiegen.