orgen ist es wieder so weit: Der Tierarztbesuch steht an. Freiwillig natürlich, auch wenn von uns beiden nur einer nervös ist – und nein, das ist nicht der Pudel. Ende des Monats feiern wir unseren ersten Jahrestag (wie die Zeit vergeht!), und in den ersten drei Monaten war ich mit dem kleinen Mann öfter beim Arzt, als mir lieb war. Ich nenne es das „Leberwurst-Gate“: Offenbar gibt es eine geheime Absprache zwischen Niko und seinem Arzt, denn jedes Mal bekam er Medikamente, die ich ihm am besten mit einem ordentlichen Klecks Leberwurst geben sollte. Das System klappt perfekt für ihn. Mir dagegen rutscht jedes Mal ein bisschen das Herz in die Hose. Kein Wunder: Bei unserem allerersten Praxisbesuch in Berlin (kaum zwei Wochen nach Nikos Ankunft) mussten wir miterleben, wie ein anderer Hund eingeschläfert wurde. Schon traurig genug, und als sein Herrchen dann auch noch völlig zusammenbrach, kam mir wieder einmal die Vergänglichkeit des Lebens in den Sinn.
Ein kleiner Schnaufer hier, ein trauriger Blick dort oder plötzlich das Bummelchen auf der Straße?
Nikos Vielseitigkeit ist wirklich bemerkenswert und stellt mein Alarmsystem immer wieder auf die Probe. Mich davon zu lösen und die Dinge gelassen zu sehen, fällt mir nicht leicht. Unser Start war nämlich etwas holprig: Mit ein bisschen Durchfall und leichtem Schnupfen sollte Niko kurz nach seiner Ankunft einfach mal durchgecheckt werden. Zwar kam er mit einem gültigen Impfpass und negativem Mittelmeer-Check, doch ich wollte auf Nummer sicher gehen. Während sich der Berliner Sommer von seiner heißesten Seite zeigte, hatte der kleine Lockenhund ordentlich zu kämpfen. Zum Glück riet mir die Ärztin zu einem erweiterten Blutbild. Und siehe da: Trotz Mittelmeer-Check kam eine Ehrlichiose-Infektion ans Licht, die zwar heilbar ist, aber unbehandelt zu schweren Organschäden führen kann. Und so begann die Therapie: 3 Wochen, dreimal täglich Antibiotikum – natürlich mit Leberwurst. Nach einigen weiteren Tests gab es dann endlich Entwarnung, und der kleine Mann fühlt sich seitdem pudelwohl.
Ich kann jedem nur empfehlen, den Fellfreund regelmäßig gründlich untersuchen zu lassen. So vermeidet man böse Überraschungen und erspart dem Hund aufwendige Prozeduren.
Morgen steht also die nächste Routineuntersuchung an – quasi die U6: Ein Check von Gewicht, Augen, Zähnen, Ohren, Gliedmaßen und Geschlechtsreife und eine Auffrischung des Impfpasses. Mir ist dabei besonders wichtig, auch ein neues Blutbild machen zu lassen. Nicht nur wegen der Mittelmeerkrankheiten, sondern auch, um sicherzugehen, dass Nikos BARF-Plan ausgewogen ist. Im Netz gibt es gute BARF-Rechner, und mein Laden des Vertrauens (Schnauzevoll in Friedrichsfelde) berät mich kompetent. Doch ein Blick auf die Blutwerte beruhigt und gibt mir ein gutes Gefühl.
Nicht jeder Schnaufer oder schlechte Laune bedeutet aber gleich Unwohlsein, Schmerzen oder Infektionen. Mit ein bisschen Erfahrung lernt man, das Verhalten des Vierbeiners zu deuten. Auch bei uns hat sich das erst mit der Zeit eingespielt. Natürlich bemerke ich, wenn Niko plötzlich steifer läuft oder den sonst heiß geliebten Bauchkraulern ausweicht. Doch besonders bei Bauchschmerzen wird es schwer, die Symptome zu erkennen. Wer sein Tier aufmerksam beobachtet, kann jedoch Anzeichen aufspüren. Nikos theatralische Seite hin oder her – er ist eher der stille Typ, der sich im Ernstfall kaum bemerkbar macht. Das liegt in der Natur der Tiere: In freier Wildbahn verbergen sie Schmerzen, um nicht zur leichten Beute zu werden. Dieses Verhalten zeigt sich auch bei unseren Hunden noch heute.
↘︎ Versucht also, die feinen Zwischentöne zu verstehen und die kleinen Signale Eures Hundes zu deuten. Was ich in den letzten Monaten dabei entdeckt habe:
Mal ganz anders als sonst?
Manche Tage scheint Niko einfach nicht der gewohnte Schlawiner zu sein: Er schläft länger, lässt sich kaum zum Spielen motivieren und verzieht sich ganz woandershin. Wenn euch auffällt, dass euer Hund sich plötzlich anders verhält, ist das oft schon ein wichtiges Zeichen. Während er sonst kaum von meiner Seite weicht und stets in Sichtweite ist, zieht sich Niko, wenn es ihm nicht so gut geht, lieber zurück – gelegentlich sogar in andere Zimmer. Besonders merklich ist das nachts, wenn er bewusst im Wohnzimmer bleibt und nicht einmal für ein paar Kuscheleinheiten rüberkommt. Natürlich muss das nicht gleich etwas Ernstes bedeuten, manchmal ist es schlicht stimmungsabhängig. Doch wichtig ist, auch auf Begleiterscheinungen zu achten, die je nach Charakter eures Hundes variieren können: Einige zeigen Unbehagen mit Apathie, Aggression, Unruhe oder Nervosität. Selten „jammern“ oder „weinen“ Hunde bei Schmerzen – höchstens mal ein leises Stöhnen ist zu hören. Meist versuchen sie eher, betroffene Stellen zu schonen, ziehen etwa ein Bein nach oder bewegen sich allgemein weniger. Muskelzuckungen oder unruhiges Schlafen können ebenfalls Hinweise sein. Niko liegt dann oft nur noch schlapp herum oder setzt sich beim Spazieren einfach hin. Deshalb ist es wichtig, das typische Verhalten seiner Rasse zu kennen und den eigenen Gefährten gut zu beobachten. Nur so merkt ihr, wenn etwas nicht stimmt!
Kein Leckerli kann locken
Niko ist von Natur aus eine echte Fressmaschine – da passt immer noch was rein! Selbst nach einer vollen Mahlzeit und einem Knochen zwischendurch geht ein Keks noch irgendwie in den kleinen Pudelmagen. Hunde fressen allgemein mit Begeisterung, und wenn ein Hund plötzlich weniger oder gar nicht mehr frisst und sogar die heißgeliebte Lieblingsspeise stehen lässt, ist oft etwas im Argen. Das kann von einer leichten Verdauungsstörung über Magen-Darm-Probleme bis hin zu Vergiftungen reichen. Natürlich gibt es auch Hunde, die selbst bei Unwohlsein dem Futternapf nicht widerstehen können. Andere lassen schon beim kleinsten Zipperlein das beste Leckerli links liegen. Das Futter zu verweigern ist daher allein kein eindeutiger Hinweis auf Schmerzen – hier zählt das Zusammenspiel von Symptomen und die Gesamtsituation.
Hecheln
Wenn Niko hechelt, hat das oft einfache Gründe: überschwängliche Freude, wenn ich nach Hause komme, nach dem Toben mit seinen Kumpels oder einem langen Spaziergang. Da Hunde kaum Schweißdrüsen haben, hilft ihnen das Hecheln, ihre Körpertemperatur zu regulieren. Doch wenn der kleine Kerl ohne Anstrengung und bei moderaten Temperaturen hechelt, ist Vorsicht geboten. Neulich lag Niko plötzlich neben meinem Schreibtisch und begann heftig zu hecheln – völlig aus dem Nichts. Ich war alarmiert, doch letztlich stellte sich heraus, dass er wohl nur gestresst war, weil sich unsere Gassirunde verzögert hatte. Übermäßiges Hecheln und Unruhe können jedoch auch auf Fieber, Schmerzen oder sogar auf eine ernste Vergiftung oder eine Magendrehung hindeuten. Beobachtet ihr solche Symptome, ist eine schnelle tiermedizinische Versorgung ratsam, denn hier zählt wirklich jede Minute!
Putzwahn
Wenn ihr denkt, dass nur Katzen kleine Putzteufel sind, habt ihr eure Hunde noch nicht genau beobachtet. Unsere Fellnasen verbringen einen beachtlichen Teil ihrer Zeit mit intensiver Fellpflege: Sie lecken sich ihr Fell, die „private Parts“ und bei Gelegenheit auch mal einen Hundefreund. Das ist völlig normal. Kritisch wird es erst, wenn die eigene Pflege plötzlich vernachlässigt wird – dann stimmt auf jeden Fall etwas nicht. Es gibt aber auch ein „zuviel“ des Guten, wenn der Hund sich etwa ständig die Pfote leckt, obwohl äußerlich keine Verletzung oder Verschmutzung zu erkennen ist. Hunde versuchen auch bei tieferen Verletzungen, wie einer Verstauchung oder einem Bruch, die vermeintliche Wunde durch Lecken zu pflegen. Wenn ihr also bemerkt, dass euer Vierbeiner eine bestimmte Stelle obsessiv putzt, solltet ihr unbedingt ein Auge drauf haben – oder besser noch den Tierarzt aufsuchen.
Zu helles Zahnfleisch
Nikos kleine Schnauze ist wie ein Spiegel, aus dem sich so manches ablesen lässt. Wenn ich äußerlich nichts Auffälliges entdecke, schaue ich immer noch mal genauer ins Pudelmäulchen. Normalerweise ist das Zahnfleisch bei den meisten Hunden schön rosa. Ein einfacher Test in der Maulhöhle verrät oft, ob sich Kreislaufprobleme oder andere Krankheiten anbahnen: Drückt einfach mit dem Daumen kurz auf das Zahnfleisch, bis ein weißer Fleck entsteht. Wenn sich dieser nach etwa zwei Sekunden wieder rosa verfärbt, ist alles in Ordnung. Wenn das Blut deutlich länger braucht, um zurückzufließen, könnte etwas nicht stimmen.
Sehr blasses Zahnfleisch deutet zum Beispiel auf eine Anämie hin, gelbes auf eine Lebererkrankung. Keine Sorge jedoch bei dunklen Flecken, die ihr auf der Maulschleimhaut entdeckt – diese sind völlig normal und können von Hund zu Hund unterschiedlich stark ausgeprägt sein.
Size Zero trotz Fressattacken
Dieses Phänomen ist bei uns zum Glück noch nicht aufgetreten (eher das Gegenteil), aber ich möchte es trotzdem erwähnen. Tiere haben ja einen instinktiven Selbstschutzmechanismus, der sich beispielsweise zeigt, wenn Niko draußen Unmengen Gras frisst, um sich danach zu übergeben. Doch was passiert, wenn der Hund trotz eines leeren Napfes und gesundem Appetit immer dünner wird? Mögliche Ursachen könnten ein starker Wurmbefall, Stoffwechselstörungen, Magen-Darm-Erkrankungen oder sogar Zahnprobleme sein. Wenn das Fell dann auch noch struppig und glanzlos wirkt, sollte man schnell einen Tierarzt aufsuchen.
Ständiges Kratzen
Eines Tages begann Niko plötzlich, sich ohne erkennbaren Grund wie wild zu kratzen – immer an derselben Stelle an der Seite, genau dort, wo sein Geschirr sitzt. Natürlich habe ich alles überprüft: Scheuert das Geschirr? Ist es vielleicht zu klein? Was habe ich ihm zu fressen gegeben? Könnte er auf bestimmte Inhaltsstoffe reagieren? Eine Sisyphosarbeit ohne klares Ergebnis. Am Ende stellte sich heraus, dass er diese Kratzanfälle meist dann hatte, wenn er ein bisschen „Zeit schinden“ wollte. Bestes Beispiel: Er erspäht einen möglichen Spielgefährten, der uns noch weit hinterherläuft, und fängt an, sich zu kratzen – aber nur so lange, bis die andere Fellnase endlich zu uns aufgeschlossen hat. Niko ist wirklich ganz schön schlau! Um auf Nummer sicher zu gehen, lasse ich regelmäßig sein Blut testen. Abgesehen vom Kratzen und Hautirritationen sollte man jedoch auch auf kahle Stellen im Fell achten. Die Ursachen für solche „Löcher“ können harmlos sein, zum Beispiel bei Rassen, die sowieso weniger Fell haben. Sie können jedoch auch auf parasitäre Infektionen hindeuten, die ansteckend sind. Milben, Flöhe, Würmer oder Hautpilze können sich leicht von Hund zu Hund übertragen und sich schnell verbreiten.
↘︎ Und noch etwas für Profis: Herzschlag, Puls und Atmung
Der Herzschlag eines Hundes variiert je nach Rasse und Größe – kleinere Hunde haben eine deutlich höhere Frequenz (etwa 130 Schläge pro Minute), während größere Rassen eher bei 50 bis 60 Schlägen landen. Die Frequenz lässt sich ganz einfach ertasten, indem man den Finger auf die Brust des Hundes legt. Veränderungen im Herzschlag sind nicht nur durch eine schnellere oder langsamere Frequenz, sondern auch durch die Intensität erkennbar. Das Herz kann also nicht nur schneller oder langsamer schlagen, sondern auch stärker oder schwächer. Wenn der Herzschlag plötzlich auffällig schnell, ungewöhnlich langsam oder stark wird – unabhängig von Bewegung, Ruhe oder Schlaf – sollte man das unbedingt vom Tierarzt abklären lassen. Um ein Gefühl für den Zustand Eures Hundes zu bekommen, könnt Ihr den Puls auch selbst überprüfen: Legt einfach die Fingerspitzen auf die Innenseite des hinteren Oberschenkels und fühlt die Oberschenkelarterie. Zählt 15 Sekunden und multipliziert die Zahl mit vier. Ein Puls von 80 bis 120 Schlägen pro Minute ist grob normal – je nach Hundetyp. Liegt der Puls dauerhaft (egal ob in Ruhe oder bei Bewegung) über 120 Schlägen, deutet das oft auf eine Herz-Kreislauferkrankung hin. Also ruhig mal öfter die Hand auflegen!
Das Gleiche gilt auch für die Atmung. Die Tiefe und Frequenz der Atmung kann man an der sich hebenden und senkenden Flanke des Hundes beobachten. Der Brustkorb sollte je nach Rasse und Größe des Hundes zwischen 10 und 30 Mal pro Minute an- und abschwellen. Am besten lässt sich das beobachten, wenn der Hund auf der Seite liegt. Aber Achtung: Stellt den Hund nicht extra in diese Position, da der Stress die Werte verfälschen könnte.
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Wie ihr seht, ist das Thema ganz schön komplex und eine genaue Diagnose unterliegt vielen Eventualitäten. Auch ich bin mir oft nicht sicher, ob ich mit meinen Beobachtungen richtig liege. Daher schaut euch die Hunde immer genau an. Veränderungen werden euch dann mit Sicherheit sehr schnell auffallen und sich dazu auch das passende Bauchgefühl einstellen. Im Zweifel lieber einmal mehr tierärztlich untersuchen lassen, um Symptome und Verhaltensweisen abzuklären. Euer Liebling wird es euch danken!