Pudels Kern

Von Augenringen, Google und Kaffeekonsum

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ugegeben, die Überschrift könnte auch für junge Eltern, gestresste Kreative in Agenturen oder Gründer stehen. Doch hier geht’s ganz allein um Niko. Ich hatte schon fast vergessen, wie schnell sich so ein Wesen ins Herz schleicht – seit der ersten Sekunde bin ich absolut schockverliebt. Als wir nach fast sieben Stunden Zugfahrt endlich am Heimatbahnhof ankamen, ahnte ich noch nicht, wie turbulent die kommenden Wochen werden würden. Nach einem Tag zum Durchatmen ging’s sofort ins Büro zurück, da Urlaub leider nicht mehr drin war. Obwohl Niko mit seinen sechs Monaten kaum negative Erfahrungen gemacht hatte, war die Stadt für ihn voller fremder Eindrücke: Autos, die vorbeirauschen, das Zischen von Fahrrädern, die vielen Menschenbeine zur Rushhour. Jede Kleinigkeit war neu für ihn – und für uns beide ein echtes Abenteuer.

Seit Niko bei mir ist, habe ich nicht nur eine Menge Einfallsreichtum entwickelt (vor allem, wenn es darum geht, ihm beizubringen, dass draußen Pinkeln total großartig ist), sondern auch Geduld und Gelassenheit. Ein Tier in seinem neuen Zuhause fühlt sich anfangs oft unsicher und verhält sich ganz anders, als wir es erwarten. Warum sollte es auch den kleinen Fellnasen anders gehen als uns, wenn wir einen neuen Job beginnen oder uns bei einem ersten Date ungeschickt von einem Fettnäpfchen ins nächste bewegen? Niko zeigt mir täglich, dass Eingewöhnung seine Zeit braucht – und dass Geduld sich immer auszahlt.

Mit Niko habe ich wirklich großes Glück. Seine fröhliche, aufgeschlossene Art und sein schnelles Verständnis machen ihn zu einem unkomplizierten Begleiter. Trotzdem waren unsere ersten Wochen chaotisch. Ein geregelter Alltag ist auch für Hunde unverzichtbar – feste Fütterungszeiten, regelmäßige Spaziergänge, Trainingseinheiten und Pflege. In den ersten Tagen war ich kaum zur Ruhe gekommen: Sein Husten ließ mich alle Alarmglocken durchklingeln und die Online-Foren durchforsten, und nachts schlichen wir alle paar Stunden an diversen Bäumen vorbei – ohne Erfolg. Mein Kaffeekonsum schoss durch die Decke, und völlig übermüdet irrte ich durch den Supermarkt, um ihn ja nicht zu lange allein zu lassen.

Diese Anfangsphase war anstrengend, aber sie hat sich gelohnt. Zusammen haben wir erste Wehwehchen überstanden, die Unsicherheiten des Stadtlebens bezwungen und Vertrauen aufgebaut. Nach fast neun Monaten haben wir endlich unseren gemeinsamen Rhythmus gefunden.

Wer ein Tier in seine Familie aufnimmt, sollte sich immer wieder in dessen Lage versetzen. Hinter jedem Verhalten stecken Bedürfnisse und Wünsche, die gehört und verstanden werden wollen:

→ Zeit – um sich einzugewöhnen und in der neuen Umgebung anzukommen.

→ Verständnis – viele Tiere haben unschöne Erfahrungen hinter sich.

→ Sicherheit – als Rudeltiere brauchen Hunde einen festen Platz in ihrer neuen Familie und die Nähe zu ihrer Bezugsperson.

→ Nachsicht – Regeln geben Sicherheit, doch ein Vierbeiner braucht Zeit, um sie zu verstehen.

→ Beschäftigung – ob körperlich oder geistig, jeder Hund hat eigene Ansprüche, die man berücksichtigen sollte.

→ Sprache – unsere Mimik und Gestik sind oft schwer zu verstehen. Klare Zeichen helfen beiden Seiten, sich besser zu verstehen.

Es ist nicht immer einfach und fordert uns oft heraus. Aber der Aufwand lohnt sich, versprochen! Einmal tief durchatmen, Ruhe bewahren und weitermachen – und eure treuen Freunde werden es euch auf ihre Weise danken.