onnerstags, kurz vor 18.00 Uhr stehe ich bepackt mit meinen Mehrwegdosen vor der Kühltheke in unserem Kiez-BARF-Laden. Schnell werden die leeren Dosen getauscht gegen meine vorbestellten aus dem Froster. Ist Niko dabei, gibt es selbstverständlich noch was auf die Pfote. Vorher kann und will er einfach nicht den Laden verlassen. Zufrieden starten wir in den Feierabend.
Haustiere machen glücklich - und zwar 52 Prozent der Deutschen *nach einer Studie des Marktforschungsunternehmes GfK
Gerade jetzt in dieser besonderen Zeit sind Hunde, Katzen und Co. eine wertvolle Stütze. Mit Niko ist die Quarantäne zu Hause weniger langweilig. Durch ihn komme ich trotzdem regelmäßig an die frische Luft und er motiviert mich, an meinen Projekten weiter dranzubleiben. Gerade jetzt schenkt er mir ein gutes Gefühl und Geborgenheit.
Mein Hund – gut fürs Gefühl, schlecht fürs Klima?
Immer wieder wird in den Medien diskutiert, inwieweit Haustiere Einfluß auf den heutigen Klimawandel haben. (hier, hier oder auch hier) Auch wenn so manche Argumente nicht von der Hand zu weisen sind und dadurch die Verantwortung auf uns Tierliebhaber*innen übergeht, möchte ich nicht auf den Hund an meiner Seite verzichten. Doch wie realistisch ist das Zero Waste-Konzept im Alltag mit Hund? Die ersten Kompromisse befinden sich bereits in Nikos Napf. Ernähre ich mich aus ethischen Gründen tierleidfrei, labt sich der kleine Pudel jeden Tag genüsslich an seiner Portion Frischfleisch. Und auch die Happen zwischendurch dürfen natürlich nicht fleischfrei sein. Gut für Leib und Seele, allerdings eher schlecht für unsere Co2-Bilanz, oder?
Nikos monatlicher Pfötchenabdruck
Im Februar und bisherigen März waren wir recht vorbildlich: pro Tag 275g Frischfleisch mit Obst und Gemüse, zwei bis drei Poo Picks sowie ein paar kleine statistische Ausreißer an Kausnacks aus unserer bestellten Monatsration. Im Januar schlug zusätzlich noch der Tierarztbesuch wegen seines Haarlingsbefall zu Buche: zwei kleine Ampullen für das Parasitenmittel, ein Schächtelchen mit Tablette für die anschließende Wurmkur und etwas Kleinabfall direkt in der Tierarztpraxis (wie Spritzen oder Untersuchungshandschuhe).
Klimafreundlich und artgerechtes Leben schließen sich nicht aus
… zumindest nicht ganz. Es hat eine ganze Weile gebraucht, auf Dinge zu verzichten, die keinen wirklichen Mehrwert in mein Leben bringen. Auch bei Nikos Grundbedürfnissen ist es nicht so einfach, seinen ökologischen Pfotenabdruck zu minimieren. Denn bei allem Verantwortungsbewusstsein für ein möglichst umweltfreundliches Leben möchte ich vermeiden, dass er bei seinen Bedürfnissen zurückstecken muss. Das heißt allerdings nicht, dass wir nicht an der einen oder anderen Stelle optimieren können.
Alu-Packs, kunststoffbeschichtete Dosen und Kleinstverpackungen – schon hier lässt sich beim Einkauf von Produkten, die gar nicht oder zumindest weniger aufwendig verpackt sind, einfach der Abfall reduzieren.
Die Autoren Brenda und Robert Vale beschäftigen sich in ihrem Buch “Time to eat the dog” mit den ökologischen Auswirkungen von Tieren und Tierhaltung. Danach hinterlässt ein mittelgroßer Hund mit Berücksichtigung seiner Ernährung, Behausung und zum Beispiel Fahrten mit dem Pkw sowie sonstigen Anschaffungen pro Jahr einen ökologischen Fußabdruck von 0,84 gha*. *gha steht für “globale Hektar” und gibt umgerechnet die Fläche an, die wir mit unserem Lebensstil verbrauchen.
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen auch Jasmin Annaheim, Christoph Meili und Niels Jungbluth in ihrer Untersuchung Ökobilanz von Haus- und Heimtieren (2019).
Ökologischer Gaumenschmaus?
18,7 Millionen Tonnen Verpackungsmüll fallen pro Jahr in Deutschland an, davon knapp die Hälfte im privaten Verbrauch. Im europäischen Vergleich produzieren wir bundesweit 20 Prozent mehr Verpackungsmüll.
Verpackung
Dosen, Schalen, eingeschweißt in Plastik – es gibt eine Vielzahl an Verpackungen für Hundefutter. Und alle sind sie mehr oder weniger klimafreundlich. Für Weißblech-Dosen und Aluminium-Schalen müssen nicht erneuerbare Ressourcen abgebaut werden, und dass mit hohem Energieaufwand. Bei der Erzeugung von Aluminium fallen außerdem große Mengen giftiger Abfälle an. Kann auf den Kauf solcher Dosen nicht verzichtet werden, gehören sie danach unbedingt in die Gelbe Tonne! Nur so können sie ordentlich recycelt werden, was wiederum viel günstiger ist als die Herstellung neuer Alu- und Weißblech-Verpackungen.
Die kleinen Plastiktütchen mit einzelnen Mahlzeit sind sogenannte Kunststoff-Aluminium-Verbundbeutel. Sie bestehen aus mehreren Schichten unterschiedlicher Materialien wie Kunststoffe und Metall. Die Verpackungen sind zwar sehr leicht und vor allem platzsparend. Jedoch lassen sie sich nur schwer recyclen, da die einzelnen Schichten nicht mehr richtig getrennt werden können. Ähnlich wie bei Tetrapaks. Rund zwei Drittel leichter als zum Beispiel Weißblechdosen bestehen sie ebenfalls aus Verbundstoffen.
Auch Futter aus dem Glas kann mich nur bedingt überzeugen. Glas kann beliebig oft eingeschmolzen und zu neuem Glas verarbeitet werden. Doch das Einschmelzen und die Herstellung neuen Glases erfordert viel Energie. Durch das relativ hohe Eigengewicht fallen beim Transport ziemlich hohe Treibhausgas-Emissionen an (knapp 63 Prozent höher im CO2-Fußabdruck im Vergleich zum Tetrapak).
Fleisch
Niko ist ein absoluter Fleischliebhaber. In Ausnahmefällen darf es auch mal etwas Obst oder Gemüse zwischendurch sein, aber das bitte in Maßen. Denn er ist da ziemlich krüsch. Für Bananen gibt es einen Nasenrümpfer; Gurke, Karotte oder Apfel werden ab und an mit langen Zähnen angenommen. Und ist es im Sommer noch so heiß, ob die Wassermelone mundet entscheidet die Tageslaune. Ohne Fleisch gehts also nicht. Und dabei hat dieses von allen Nahrungsmitteln mit den größten Einfluss auf unser Klima. Kein Wunder, dass Haustier-Kritiker das gerne als Gegenargument aufgreifen. Seit ein paar Jahren sind neben vegetarischen und sogar veganen Ernährungskonzepten für Hunde auch einige Vordenker angetreten und entwickeln Haustierkost auf Insektenbasis. Auf jeden Fall eine spannende Herangehensweise. Doch punkten konnte ich damit bei Niko leider nicht und durfte mir den Pudel dann immer von hinten anschauen, sobald ich einen neuen Versuch startete, ihm diverses Futter und Leckerlis mit Insektenanteil schmackhaft zu machen.
Die Suche nach der eierlegenden Wollmilchsau?
Ein hochwertiges Futter, mit Zutaten aus der Region – idealerweise in Bio-Qualität und recyclefähiger Verpackung. Die Gründe, unsere Tiere ökologisch zu ernähren, sind vielfältig. Denn im Vergleich zu konventionellen Lebensmittel schneiden die Bio-Alternativen auf ihre Umweltauswirkungen deutlich besser ab: Mit Blick auf Wasserbedarf, Energieverbrauch, Luftverschmutzung, Pflanzenschutzmitteleinsatz, Flächendegradation, Verlust an Biodiversität, Treibhauseffekt und Nährstoffüberschuss liegen Bio-Rindfleisch um 22 Prozent, Bio-Schweinefleisch um 33 Prozent und Bio-Hühnerfleisch sogar um 35 Prozent vorn.
Und dann wäre ja da noch die Verpackung: Jede Verpackungen am Markt hat ihre Vor- und Nachteile. Ideal wäre ein Mehrweg-System mit Pfand und bei regionalem Futter dürfte es dann gerne aus Glas sein. (Dazu das Geo Magazin: Umweltbilanz von Dosen mit Glas)
Seit mehr als 4 Jahren steht nun also BARF auf Nikos Speiseplan. Hier in Berlin gibt es etliche Läden mit Frischetheke. So auch in meinem Kiez – man kennt sich, wird gut beraten und je nach Bedarf kann ich auch mal eben schnell vorbeischauen und frisch einkaufen. Ein weiterer Pluspunkt ist natürlich, dass ich Nikos Futter ausschließlich in meinen eigenen Frischhaltedosen abpacken lasse. So wird keine Verpackung verschwendet. Außerdem beziehen die Inhaber ihre Ware von Schlachtereien aus dem Umland – kurze Wege, gut für die Ökobilanz.
Mini-Checkliste
- Einiges an Verpackungsabfall lässt sich sparen, wenn zum Beispiel das Trockenfutter in Großpackungen aus Pappe oder Karton gekauft wird. Sind die Mengen für den eigenen Vierbeiner zu groß, wäre eine Art Futtergemeinschaft mit Nachbarn oder Freunden eine gute Idee, die ebenfalls mit einem Hund zusammenleben.
- Beim Fleischer und in den BARF-Läden gibt es frische und oftmals unverpackte Leckereien.
- Gibt es regionale Futterhersteller, die gesundes Futter in Gläsern anbieten? Nach dem Spülen können die Gläser entweder wiederverwendet oder im Glascontainer dem Recyclingkreislauf wieder zugeführt werden.
- Verpackungen sind Wertstoffe und sollten unbedingt richtig entsorgt werden:
- Dosen und Portionsschalen aus Aluminium sind Metallabfall. Sie gehören nach Gebrauch in den Gelben Sack oder die Gelbe Tonne. In einigen Gemeinden gibt es zusätzlich Metallcontainer oder eine Wertstofftonne.
- Alle Folienverpackungen aus Plastik landen im Gelben Sack, in die Gelbe Tonne oder in die Wertstofftonne.
- Verpackungen aus Karton und Papier gehören in die Altpapiersammlung beziehungsweise Blaue Tonne.
Spielen und Trainieren mit gutem Gewissen
Umweltfreundliches Spielzeug ist im Sinne von Zero Waste relativ einfach umzusetzen. Niko ist von Natur aus ziemlich neugierig und probiert gerne neue Sachen aus. Allerdings sind noch immer viele Spielzeuge aus schlecht recycelbaren Plastik hergestellt und können unter Umständen auch gesundheitsschädliche Weichmacher enthalten. Warum nicht also mal Alternativen ausprobieren? Simpel, schnell und in jedem Haushalt zu finden – das sind Nikos Lieblinge:
Der Alte-Socken-Ball
Ein Zeitvertreib, der sich vor allem im Büro sehr bewährt hat. Denn das Werfen oder Spielen mit dem Sockenball macht kaum bis gar keinen Lärm und so werden die Kollegen im Büro nicht gestört. Manchmal verstecke ich in dem Ball auch mehrere Leckerlis, die Nikos Nase natürlich nicht verborgen bleiben. Ähnlich wie bei einem Schnüffelteppich ist Niko herausgefordert, den Ball auseinanderzunehmen, um an den Snacks zu kommen.
Und so gehts: Ganz einfach alte, ausrangierte Socken zu einem Ball zusammenrollen, egal ob als Einzelpaar oder viele Socken.
Flaschendrehen mal anders
Für die Kopfarbeit zwischendurch habe ich im Büro ein paar Einwegplastikflaschen gesammelt und auf einen schmalen Holzstab durch Löcher im Flaschenhals aufgefädelt. Den passenden Stab fand ich nach den Silvester-Feuerwerken bei uns im Hinterhof. Er hat die ideale Länge und passt genau zwischen die Tischbeine meines Schreibtisches. Das ist platzsparend und stört niemanden. Nach Belieben lassen sich die Flaschen nun immer wieder mit kleinen Snacks auffüllen und ab geht das Flaschendrehen. Ein toller Zeitvertreib nicht nur für Niko – denn seine Versuche haben für so einige Lacher bei uns im Team gesorgt.
Die vierbeinige Konfettimaschine
Niko liebt zerknülltes Papier. Alte Brötchentüten, Verpackungsmaterial aus Paketen, WC-Papierrollen – Hauptsache, es raschelt und lässt sich fein säuberlich zerreißen. Sind die Schnippsel noch nicht klein genug, rolle ich sie einfach wieder zu einem Ball zusammen und eröffne eine neue Runde.
Fummelkiste aus Karton
Gebrauchte Verpackungen werden auf einmal ganz spannend, wenn man sie mit Zeitungsschnipseln füllt und zusätzlich darin Leckerlis versteckt. Toll für die Nasenarbeit. Das Beschäftigungslevel lässt sich weiter steigern, wenn der Karton gut verschlossen wird und Niko erst einmal überlegen muss, wie er an seinen Schatz kommt.
Medikamente
Etwas, was sich nicht vermeiden lässt beziehungsweise etwas, worauf ich nicht verzichten werde, sind unsere regelmäßigen tierärztlichen Checkups. Im medizinischen Bereich lässt sich leider nur bedingt Müll einsparen. Als Niko bei mir einzog, brachte ein erneuter Mittelmeer-Krankheiten-Check eine Erlichiose ans Licht. Diese musste intensiv mit Antibiotika behandelt werden. In den folgenden Monaten wurden regelmäßig seine Blutwerte kontrolliert, um sicherzugehen, dass die Maßnahme auch wirklich angeschlagen hatte. Bei jedem Besuch in der Praxis ist natürlich durch Spritzen und Kanülen, Medikamentenverpackungen Abfall angefallen, der sich nicht vermeiden ließ. Um einen erneuten Parasiten- und Zeckenbefall vorzubeugen, habe ich ihm fast zwei Jahre lang regelmäßig ein Spot-on aufgetragen. Zero-Waste war und ist hier für mich keine Alternative. Nikos Gesundheit geht einfach vor – da bin ich ehrlich.
Und sonst so?
Ein Hund braucht tatsächlich nicht wirklich viel im Alltag. Eigentlich nur ein Halsband und/oder Geschirr, eine Leine, Maulkorb, ein Hundebett und eine Tragetasche. Die Tragetasche nehme ich für Zugfahrten, falls wir bei jemanden im Auto mitfahren aber auch als Backup für medizinische Notfälle, wenn es schnell gehen muss. Bis ich die optimale Tasche für uns gefunden hatte, musste ich mit Niko einige Modelle testen. Tragekomfort, Sicherheit, Qualität und Langlebigkeit sind mir sehr wichtig. Sie muss auch leicht zu reinigen sein, kommt es unterwegs zu kleinen Malheuren (zum Beispiel plötzlicher Durchfall auf der Zugfahrt).
Und für unsere Hunderunden nehme ich entweder altes Papier, Verpackungsabfall oder eben Poo Picks aus Pappe. Denn wenn es „richtiger“ Hundekotbeutel sein muss, dann sollte er schon umweltfreundlich sein. Die angepriesenen kompostierbaren Beutel halten ihr versprechen nämlich nicht und sorgen eher für noch mehr Plastik in der Umwelt. (Hier verweise ich gerne auf unser pudelwohl plus 1 mit Christian Salzmann.)
Andere tierische Abfälle
- Tierhaare gehören grundsätzlich in die Biotonne und nicht in die freie Natur. Das ausgebürstete Fell kann für Vögel ziemlich gefährlich werden.
- Gebrauchte Halsbänder zur Abwehr von Parasiten und Zecken enthalten Insektzide. Diese bitte nur über den Schadstoffmüll entsorgen!
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Mit Haustieren zu wohnen und gleichzeitig auf den ökologischen Fußabdruck des Haushalts zu achten, ist eine große Herausforderung. Dinge, die ich nicht brauche oder die sich als nicht praktikabel erweisen, gebe ich einfach weiter. Weniger Abfall zu verursachen ist ein hohes Ideal, erfordert Zeit und manchmal eben auch die nötigen finanziellen Mittel. Ist es den ganzen Aufwand, das Hinterfragen und Nachdenken wert? Ja, davon bin ich überzeugt! Weniger kaufen. Impulskäufe vermeiden. Hochwertiges und Langlebiges kaufen. Gebraucht kaufen. Reparieren statt kaufen. Teilen statt kaufen. Regional kaufen. Keine Einwegprodukte. Weniger Plastik verbrauchen. Müll trennen. Wiederverwerten.
Alle hier genannten Ansätze, Ideen und Vorschläge müssen nicht pauschal in jeden Haushalt passen und nicht für Jede*n umsetzbar sein. Über Anregungen und weitere Tipps freue ich mich in den Kommentaren.
Weitere Lesetipps.
- “Untersuchung des Einflusses einer vegetarischen Ernährung von Haustierhaltern auf die Wahl des Futtermittels ihrer Hunde und Katzen” Bachelorarbeit von Svenja Schwark, April 2014
- “Schwerpunkt – Das Magazin des Umweltbundesamtes 1/2018” zum Thema Recycling
- Abfallberatung unter wohindamit-Datenbank