Mit reichlich Zeit und Gelassenheit im Gepäck waren der Pudel und ich heute unterwegs. Und wie es sich für einen echten Berliner Sommer gehört, hat der kleine Charmeur auch prompt sein Herz verloren. Mehrere Stunden lang wurde getobt, geschmust und geflirtet – und jetzt liegt er glücklich ausgepowert auf seiner Decke, vermutlich träumt er schon von ihr. Solch innige Begegnungen sind unter den Fellnasen allerdings eher selten, und auch das sonst sonnige Pudelgemüt bekommt hier und da mal ein Knurren oder Anschnauzen ab. Liegt’s an seiner jugendlichen Unbekümmertheit, die den älteren Kollegen ab und zu etwas zu viel wird? Oder kommt er einfach manchmal zu stürmisch daher? Doch zum Glück überwiegen bisher die positiven Erfahrungen – ernsthafte Rangeleien blieben ihm bis jetzt erspart.
Niko ist ein sehr sozialer Hund und sucht nicht nur Kontakt zu anderen Vierbeinern – er braucht ihn, um wirklich zufrieden und ausgelastet zu sein. In den Berliner Straßen, auf Hundewiesen, in Parks oder Wäldern ist das meist auch kein Problem. Doch was oft als freundliches Beschnuppern beginnt, kann sich schnell in eine ernste Auseinandersetzung verwandeln. Hier verlasse ich mich häufig auf mein Bauchgefühl, um zu entscheiden, ob ein Kontakt überhaupt sinnvoll ist. Wichtig zu wissen: Hunde mit gesundem Sozialverhalten unterwerfen sich nur, wenn es einen triftigen Grund gibt und klären dann vieles selbst. Dennoch können wir Menschen durch unser Verhalten viel dazu beitragen, das Miteinander der Hunde zu steuern. Aus einem Miesepeter wird vielleicht nie ein „Everybody’s Darling“, aber ein angenehmes Miteinander ist immer möglich.
Nicht jeder Hund wird zum besten Freund
Hunde haben, wie wir Menschen, nicht immer die beste Chemie miteinander – und das muss auch gar nichts mit Rang- oder Rudelkampf zu tun haben. Meist verlaufen ihre Begegnungen friedlich. Ein paar kleine Schrammen oder ein zerzauster Pelz zeigen nur, dass die Sympathie hier und da mal etwas zu wünschen übrig lässt. Anders als wir, zeigen Hunde einfach offen, wenn sie einander nicht riechen können. Auch spielen sie nicht mit jedem, nur weil der andere da ist – ständig neue Hunde zu treffen, kann schließlich auch anstrengend sein. Daher hilft es, auf ausreichend Rückzugsorte und genügend Freiraum zu achten, besonders auf Hundewiesen, wo die Mischung nicht immer ideal ist. Wer regelmäßig dieselben Auslaufplätze besucht, kennt bald die besten Zeiten, zu denen passende Spielkameraden da sind. Nach und nach bildet sich dann ein harmonisches Rudel, in dem jeder Hund seinen Platz findet.
Immer schön höflich bleiben
Auch unter unseren Hunden gilt: ein bisschen Etikette kann nicht schaden. So ist es für sie fast selbstverständlich, dass sie in einem leichten Bogen an einem entgegenkommenden Hund vorbeigehen – eine Höflichkeitsgeste, die mir anfangs gar nicht so bewusst war. Wo ich normalerweise geradeaus weitermarschiere, hat sich gezeigt, dass es oft entspannter ist, wenn Niko, sobald uns ein Hund von links entgegenkommt, auf meiner rechten Seite läuft. Will er, was selten vorkommt, noch mehr Abstand, weichen wir einfach ein wenig weiter aus, sei es auf eine angrenzende Wiese oder eine Seitenstraße.
Im Freilauf sieht das Ganze jedoch ein bisschen anders aus: In angespannten Situationen sollten Hunde in Bewegung bleiben, da Stehenbleiben oder Verharren das Konfliktpotenzial oft nur erhöht und zu Raufereien führen kann. Besonders dann, wenn wir uns als Halter neben unseren Hund positionieren. Das kann für unseren Schützling wie eine Bestätigung wirken, die ihn eher noch in seinem Verhalten bestärkt. Deshalb halte ich ein wachsames Auge auf Niko, besonders darauf, ob er den anderen Hund fixiert, was bei ihm recht häufig vorkommt. Dann hilft ein kleiner Trick, um die Spannung zu lösen: Ich rufe ein „Sitz“ oder „Schau mich an“, um seinen Blickkontakt zu unterbrechen – und aktuell klappt das schon ganz gut.
Auch die Ausrüstung spielt eine Rolle: Ein Halsband oder Halti beeinflusst die Körperhaltung des Hundes und lässt ihn oft größer wirken, wenn an der Leine gezogen wird, was auf den Gegenüber bedrohlich wirken kann. Das Repertoire an Mimik und Körpersprache ist riesig, und gerade an der Leine laufen Begegnungen nicht immer reibungslos ab. Doch mit etwas Beobachtung und Fingerspitzengefühl lassen sich viele Situationen bereits im Vorfeld entschärfen.
Früh übt sich
Gerade bei Welpen und Junghunden ist die Energie grenzenlos – und ebenso ihre Lust am Spielen. Da ist das Potenzial für kleinere Konflikte natürlich vorprogrammiert. Zwar ist die Liste an Dingen, die die Kleinen in ihren ersten Monaten lernen müssen, schon lang. Aber neben Stubenreinheit und Grundkommandos gehört vor allem eines auf ihren Stundenplan: der Umgang mit anderen Hunden. In frühen Spielgruppen sammeln sie wichtige Erfahrungen, die für ihre Entwicklung entscheidend sind. Hier lernen sie durch das Zusammenspiel mit Hunden unterschiedlichster Rassen, Größen, und Charaktere, was es bedeutet, ein Teil des Rudels zu sein – ob es darum geht, Auseinandersetzungen zu vermeiden, sich zu unterwerfen oder dominante Artgenossen zu besänftigen.
Manche Jungspunde verstehen das alles recht schnell, andere, wie mein Niko, brauchen etwas mehr Zeit. Mit seiner jugendlich übermütigen Art holt er sich regelmäßig einen leichten Anschnauzer ab, vor allem von älteren Hunden, die ihm zeigen, wo seine Grenzen liegen. Auch wenn er mittlerweile schon ein gutes Stück ruhiger geworden ist, kann er es einfach noch nicht ganz lassen. Mittlerweile sehe ich das gelassen und lasse die kleinen Ermahnungen unkommentiert, denn das gehört schließlich zum Erwachsenwerden dazu.
Leine bedeutet Sicherheit
Das Thema mit der Leine ist nicht ohne. Natürlich will ich Niko nicht einsperren oder seinen Freiraum einschränken. Doch der Berliner Stadtverkehr und Nikos manchmal etwas unbedachter Eifer machen es für mich – unabhängig von geltenden Vorschriften – oft schwierig, ihn auf den Straßen von der Leine zu lassen. Auf unseren Runden begegnen uns häufig freilaufende Hunde, die unkontrolliert auf Niko zulaufen. Eine ungünstige Mischung, denn an der Leine können Hunde nicht frei agieren und in ihrer natürlichen Bewegung eingeschränkt zu sein, kann für sie selbst und den anderen Hund zur Verwirrung und möglicherweise auch zur Aggression führen. Selbst die friedlichsten Vierbeiner können dann an der Leine ungemütlich werden, und Konflikte lassen nicht lange auf sich warten. Vor allem für Hunde, die körperlich unterlegen oder schwächer sind, erschwert die Leine außerdem jede Flucht oder die Möglichkeit, sich unterwürfig zu zeigen.
Für diese Situationen gilt daher eine einfache Regel: Ist der andere Hund angeleint, bleibt auch Niko an der Leine. So lässt sich vorher abklären, ob die beiden ein freundliches Zusammentreffen haben können. Ist das nicht der Fall, gehen wir einfach zügig aneinander vorbei, ohne uns mit einem Gezerre an der Leine aufzuhalten. In solchen Fällen lasse ich Niko oft kurz sitzen, während der andere Hund an uns vorbeizieht. Gibt es aber genug Platz und sind beide freundlich zueinander, steht einem entspannten Spiel ohne Leine natürlich nichts im Wege.
Spaß, der nicht immer verstanden wird
Manchmal sorgt Niko mit seinem Spieltrieb für Verwirrung – ganz besonders mit seinem Lieblingsmanöver, dem sogenannten „Spielangriff“. Sobald er einen anderen Hund oder eine Taube erspäht, schleicht er sich ein paar Meter heran, verharrt, und stürmt dann voller Übermut auf sein Ziel los, als wolle er es „überfallen“. Natürlich kommt das nicht immer gut an, denn andere Hunde empfinden solche plötzlichen Annäherungen oft als Bedrohung und reagieren entsprechend. Um Missverständnisse zu vermeiden, ist es sinnvoll, ihn zu bremsen und ein langsameres, respektvolles Nähern zu üben. Mit Niko habe ich schon früh trainiert, ruhig zu bleiben und andere Hunde auch mal zu ignorieren. Das klappt mal besser, mal schlechter, aber die Fortschritte sind spürbar. Meistens gehen wir zügig an anderen Hunden vorbei, ohne dass Niko direkten Kontakt aufnehmen darf.
Nicht immer ernte ich dafür Verständnis von anderen Hundehaltern – die Wichtigkeit von Sozialkontakten wird oft betont. Doch das darf einen nicht verunsichern. Inzwischen macht Niko oft ganz von allein „Sitz“, wenn er auf andere Hunde trifft, und für dieses ruhige Verhalten lobe ich ihn immer ausgiebig. Besonders auf Spaziergängen in Wäldern oder Feldern üben wir die Selbstkontrolle. Wenn er vorausläuft, rufe ich ihn heran, sobald die Sicht eingeschränkt ist oder andere Spaziergänger mit Hunden auftauchen. Wenn der andere Hund sich annähert, entscheidet sich, ob sie Kontakt aufnehmen oder ob ich Nikos Aufmerksamkeit anderweitig lenke – durch Leckerlis, Spielzeug oder kleine Tricks. Es klappt nicht immer perfekt, aber mit der Zeit wird’s besser – Übung macht den Meister!
Zu guter Letzt:
Es ist ein wahrer Genuss, Niko beim Spielen mit anderen Hunden zu beobachten. Wenn er völlig erschöpft und glücklich auf der Couch liegt, weiß ich, dass er ein tolles Abenteuer hinter sich hat. Doch auch im schönsten Spiel sollte der menschliche Begleiter stets ein waches Auge auf das Geschehen haben – schließlich ist das unsere Verantwortung als Rudelführer. Hunde neigen gerne dazu, ihre Freiräume zu nutzen, um ihre Grenzen auszutesten. Deshalb sind klare Regeln und ein rechtzeitiges Eingreifen unerlässlich, um für Ordnung im Rudel zu sorgen und gleichzeitig unangenehme Erfahrungen mit weniger sozialen Hunden zu vermeiden.
Ein Hund, der trotz eines unterwürfigen Gegenübers aggressiv wird, ist noch lange nicht verhaltensgestört. Jeder Hundebesitzer trägt die Verantwortung, seinen Hund zu einem friedlichen und respektvollen Begleiter zu erziehen und größere Konflikte zu verhindern.
↘︎ Und falls es doch ernst wird:
Manchmal kann sich eine angespannte Situation zwischen Hunden schnell zuspitzen – wenn beide Kontrahenten plötzlich fest zubeißen und durch Beißschütteln versuchen, sich gegenseitig zu verletzen, muss sofort eingegriffen werden. In einem solchen Ernstkampf fehlen alle drohenden oder imponierenden Gesten, und selbst Beschwichtigungssignale können den Streit nicht beenden. In diesem Fall sollte der erste Schritt darin bestehen, den eigenen Hund mit einem lauten Ruf aus der Auseinandersetzung zu locken und ihn weg vom Rivalen zu führen.
Ist es bereits zu spät, um das zu tun, sollte der Hund auf keinen Fall am Halsband gepackt werden. Diese Handlung könnte die Situation nur noch verschärfen und zu weiteren Verletzungen führen. Schon das bloße Berühren des Halses kann die Aggression des Hundes steigern, da er sich in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt fühlt und so noch wehrloser dem Gegner gegenübersteht.
Es ist extrem wichtig, ruhig zu bleiben und gemeinsam mit dem anderen Hundehalter zu handeln. Beide sollten gleichzeitig die Hunde an den Hinterläufen (über die Pfoten) packen, sie hochheben und in eine Schubkarrenhaltung bringen. Der Überraschungseffekt hilft, die Kiefer kurzzeitig zu öffnen. Dann müssen die Hunde sofort voneinander entfernt werden. Sollte der Hund größer oder schwerer sein, kann auch der Schwanz als Hilfsmittel verwendet werden. Alternativ kann auch ein Eimer Wasser oder eine Decke helfen, die Situation zu entschärfen. Wichtig ist, dass die Hunde in Sichtweite voneinander zur Ruhe kommen, damit sie den Vorfall verarbeiten können.
Wie Ihr seht, ist die richtige Einschätzung in solchen Momenten äußerst komplex und erfordert viel Erfahrung. Besonders wenn es darum geht, richtig einzugreifen, ist es ratsam, sich Unterstützung von einem erfahrenen Trainer zu holen, der euch mit hilfreichen Tipps und Tricks für den hoffentlich nie eintreffenden Ernstfall vorbereiten kann!