LebenOh Schreck, Oh Schreck, der Hund ist weg!

Oh Schreck, Oh Schreck, der Hund ist weg!

Kennt Ihr diese Momente, wenn der kleine Fellfreund schon fast außer Sicherweite ist und kein Rufen hilft? Als Draufgänger vom Dienst und Neugierde in Person testet der Pudel gerne seine Grenzen aus und rauscht davon. Bis jetzt mit einer 99,9 %-igen Rückkehrquote. Doch wie schnell das Malheur passiert, zeigen unzählige Suchplakate, die an Laternen flattern oder Facebook-Gruppen, die sich zusammenschließen, um gemeinsam nach ihren Lieblingen zu suchen.
A la Kevin allein zu Haus hat ein Bekannter in lauter Hektik seine Dogge an der Tankstelle vergessen. Erst nach zwei Wochen gab es dank seines starken Netzwerks ein Happy End. Der kleine Vierbeiner wurde von einer Dame mitgenommen, die ihren eigenen Hund vermisste. Doch leider hatte sie ihren Fund nicht gemeldet und nur durch aufmerksame Menschen bekam mein Bekannter den entscheidenden Hinweis. Auch die kleine Carrie aus dem Tierschutz ist vermisst. Seit Monaten ist sie wie vom Erdboden verschluckt. Pro Jahr gehen zwischen 350.000 und 400.000 Haustiere verloren. On ausgebüxt oder gestohlen. Unglaublich, oder?
Was ist zu tun im Fall der Fälle?

Zu allererst: Einen kühlen Kopf bewahren!
Ich weiß, ich weiß – wer sich so einen Tipp ausdenkt, ist anscheinend Zen-Meister oder noch nie in dieser Situation gewesen. Aber seien wir ehrlich: Mit Panik im Herzen, kann der Kopf leider nicht klar denken. Und gerade darauf kommt es insbesondere in den ersten Minuten an. Statt sich Vorwürfe zu machen, ist hier ein kühler Kopf gefragt:
Wohin könnte der Vierbeiner entschwunden sein? Wer kann schnell bei der Suche helfen? Haben vielleicht andere Spaziergänger etwas beobachtet?

Sucht die Umgebung systematisch ab
Seid Ihr auf vertrauter Strecke unterwegs, kennt auch der Hund das Areal mit Sicherheit aus dem Effeff. Ich bin selbst immer wieder erstaunt, wieviele Orte sich Niko merkt und darauf reagiert. Ich würde ihm sogar zutrauen, dass er sich an einen ihm bekannten Ort zurückzieht oder nach Hause findet, wenn wir im Kiez unterwegs sind. Ausprobieren möchte ich das allerdings nicht!
Anders sieht das bei eher scheuen und ängstlichen Gefährten aus: Sie schlüpfen an ungestörten Plätzen wie Kellereingänge oder leerstehende Häuser unter und harren aus. Besonders Angsthunde reagieren sehr sensibel auf diese Situation. Lautes Rufen und fremde Menschen verunsichern sie nur noch mehr und sie ziehen sich dann umso mehr zurück.

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Nochmal anders ist es im Wald oder generell draußen in der Natur. Witterung von Wild oder ausgelassenes Rennen lassen den Vierbeiner häufig seinen zweibeinigen Anhang vergessen. Jetzt ist Geduld gefragt! Bleibt unbedingt an der Stelle, an der Ihr Euch getrennt habt. Denn hierher wird er mit großer Wahrscheinlichkeit zurückkommen, wenn die Fährte langweilig wird oder er plötzlich merkt, dass sein Rudel fehlt. Pausenlos nach dem Fellfreund zu rufen, braucht Ihr nicht. Ist der Hund noch in der Nähe, denkt er nur: „Ah, mein Rudel ist noch da, ich schnüffle hier einfach mal weiter.“ Hier könnt Ihr Euch eines Tricks bedienen: Simuliert einfach Euren eigenen Rückzug. Häufig beenden sie dann ihre wichtige Arbeit und kommen kurze Zeit später hinterher. Das funktioniert allerdings nur, wenn der Hund Euer Weggehen auch beobachtet.

Zieht sich das Warten über einen längeren Zeitraum (oh ja, es können auch Stunden werden), könnt Ihr Euch auch abwechseln. Bittet aber nur Menschen um Hilfe, die dem Hund vertraut sind. Legt auch vorsichtshalber eine Decke, Kleidungsstücke oder Spielzeug aus, damit sich der Hund an den vertrauten Gerüchen orientieren kann.

Checkliste für sofort und die Tage danach:

• TASSO und das Deutsche Haustierregister verständigen
• die örtlichen Polizeidienststellen kontaktieren und hier auch nicht die Autobahn – und Bahnpolizei vergessen, denn sie sind nicht mit den normalen Polizeidienststellen verbunden
• Jäger oder Forstamt anrufen(die richtigen Telefonnummern bekommt Ihr über die Gemeinde und die Polizei)
• sowie Tierheime, Tierärzte und Kliniken
• erkundigt Euch schon mal nach Tiersuchhunden

Vergesst Eure Umgebung nicht! Als Gewohnheitstiere halten sich Hunde gerne an vertrauten Orten wie Supermärkte, Cafés, Kioske auf. Bei Niko könnte ich mir vorstellen, dass er sich bis zu seinem BARF-Laden durchschlägt. Den Weg kennt er sogar mit verbundenen Augen – immer der Nase nach 😉
Fragt auch andere Hundehalter nach läufigen Hündinnen in der Nachbarschaft. Liebestolle Rüden tauchen dort mit Sicherheit auf.
Wenn Ihr irgendwo Eure Telefonnummer hinterlasst, stellt unbedingt sicher, dass Ihr unter dieser Nummer ständig erreichbar seid!

Suchradius ausweiten
Aktiviert so viele Leute wie möglich, ihre Augen aufzuhalten. Es ist immer wieder erstaunlich, wie aktiv Communities in den sozialen Netzwerken werden und wieviele Hinweise aus allen möglichen Ecken eintrudeln. Für jede Region gibt es mehrere Anlaufstellen, wie zum Beispiel Entlaufene Hunde Berlin/ Brandenburg, Berliner Hundefreunde, BERLIN & HUND. Postings in den örtlichen Nettwerk-Gruppen kann ebenso sehr hilfreich sein, denn die Communities sind in den jeweiligen Regionen sehr stark. Oder Ihr macht, wie bei Carrie einfach eine eigene Gruppe auf und ladet Eure Helfer ein.

Hilfreich für die Suche und als Update für alle Suchenden ist zusätzlich die Aufzeichnung aller Sichtungen. Auf Google Maps lässt sich über ein Benutzerkonto eine Karte erstellen, auf der alle gesichteten Bewegungen des Hundes mit Ort, Datum und Uhrzeit hinterlegt werden können. Um die Suche noch effektiver und für alle Helfer übersichtlicher zu machen, lassen sich auf der Karte sogar zusätzliche Informationen einstellen, wie etwa Zustand des Hundes oder die Laufrichtung. Füllt sich die Karte mit weiteren Sichtungen könnt Ihr ein Laufbild erkennen. Und falls die Suche etwas länger dauert, anhand der Punkte überlegen, welche Futterstellen strategisch am sinnvollsten sind.

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Onlineregister, Wurfzettel und Suchplakate
Auch wenn unsere digitale Welt um einiges schneller und weitreichender ist, greift auch unbedingt auf analoge Mittel wie das Suchplakat zurück. Ein aktuelles Foto des Hundes solltet Ihr immer griffbereit haben und nähere Infos zum Tier sowie Ortsangaben, wo der Hund entlaufen ist, nicht vergessen. Bei Tasso gibt es zum Beispiel nicht nur die passende Vorlage, Ihr könnt dort ganz bequem auch unterschiedliche Formate von A3 bis Wurfzettel online bestellen. Doppelt hält aber besser. Deshalb informiert auch das Deutsche Haustierregister über Eure Suche. Auch hier könnt Ihr einfach online Suchplakate erstellen und Onlineaufrufe starten.
Hilfe versprechen auch neue Anbieter von Haustiermarken: Petfindu arbeitet mit einem QR-Code auf der Marke, der vor allem für den Finder alles einfacher macht. Mit dem Scan des Codes können nicht nur Name des Tieres und Kontaktdaten des Halters, sondern auch der Gesundheitsstand und die Daten des Tierarztes ausgelesen werden. Manko hier: Eure Daten sind hier wesentlich transparenter als bei Tasso und dem Haustierregister.

Bei den Tierheimen im Umkreis solltet Ihr in regelmäßigen Abständen nachfragen, ob Euer Liebling abgegeben wurde. Die Organisationen sind durch die Überbelegungen schon sehr ausgelastet, so dass Neuzugänge und die Benachrichtigung der Halter im Trubel des Alltags schnell untergehen können.

Tierische Helfer
Hat Euer Hund Fellkumpel, die er länger kennt und mit denen er sich gut versteht? Nehmt sie unbedingt mit auf die Fährtensuche. Lässt sich der Hund partout nicht aufspüren, solltet Ihr über den Einsatz von speziell ausgebildeten Suchhunden nachdenken. Mit diesen Suchhunden lässt sich zum Beispiel herausfinden, ob eine Spur irgendwo endet – und zwar dann, wenn das Tier mit einem Auto abtransportiert wurde. Wie groß der Erfolg der Suchhunde ist, hängt ganz wesentlich von der Qualität des Referenzgeruches ab. Jedes Tier hat nämlich einen Individualgeruch, ähnlich unserem genetischen Fingerabdruck.

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Als Geruchsartikel eignen sich vor allem:
• Halsband und Geschirr
• Kot, Haare/Fell
• Decke aus Körbchen oder Box
• Bürste, Spielzeug

Futterstellen und Lebendfallen
Wenn alles nichts hilft, könnt Ihr versuchen, das Tier anzufüttern und quasi an diesem Ort sesshaft zu machen. Welche Stellen sich am besten eignen, könnt Ihr – wie oben kurz erklärt – mittels einer Sichtungskarte herausfinden. Ein guter Futterplatz sollte auf jeden Fall für den Hund leicht erreichbar sein und trotzdem ausreichend Schutz bieten. Hat Euer Vierbeiner die Futterstelle angenommen und kehrt regelmäßig wieder, kann nun eine Lebendfalle eingesetzt werden. Arbeitet hier bitte unbedingt mit Profis zusammen! Entsprechende Fallen könnt Ihr zum Beispiel bei Tierheimen ausleihen. Hier kommt es ganz besonders auf die aktuelle Größe und das Gewicht des Hundes an, damit die Falle groß genug ist und der Hund sich nicht verletzt. Das Gleiche auch bei Distanznarkosen, die bitte immer nur ausgebildete Experten durchführen sollten!

Das allerwichtigste und vor allem selbstverständlich
Das Gefühl von Freiheit ist für jedes Lebewesen das schönste und gehört auch für mich zu einer artgerechten Haltung dazu. Dennoch kann ich Niko nicht überall ableinen und gebe eher der Vorsicht und Sicherheit nach. Wir üben zwar fleissig an den Grundkommandos und der Pudel ist an sich sehr schlau. Doch machen mir sein pubertären Leichtsinn und seine extreme Spielfreude immer wieder einen Strich durch die Rechnung. Gerade in neuen Gebieten oder wenn Hündinnen wieder läufig werden, nehme ich für unsere Spaziergänge immer eine Schleppleine mit, um im Fall der Fälle schnell eingreifen zu können.
Besondere Vorsicht gilt bei Tierschutzhunden: Mit ihrer für uns oftmals unbekannten Geschichte reagieren sie sehr sensibel auf ihre Umwelt und neigen zum Ausbruch. Gerade in den ersten Wochen im neuen Zuhause sollten die Vierbeiner sogar doppelt gesichert werden. Interessanter Hinweis, den ich neulich irgendwo gelesen habe: Entlaufen Hunde in den ersten Tagen, orientieren sie sich oft in die Richtung ihres alten Zuhauses (Tierheim, Züchter, Pflegestelle oder Vorbesitzer). Demzufolge bewegen sich südländische Hunde daher oft in Richtung Süden. Hättet Ihr das gedacht?

Und nicht vergessen!
Ist Euer Fellfreund endlich wieder zu Hause, sagt bitte Euren Helfern und bei Organisationen Bescheid!