Eine Mittagsrunde durch den Helmholtzkiez brachte uns letzten Sommer direkt vor die Ladentür von VAN LOEPER. Ganz anders als bei anderen BARF-Shops machte uns die fröhlich-bunte Gestaltung des Ladens neugierig und die Pudelnase witterte am Eingang sofort die große, einladende Fleischtheke. Die kleine Entscheidungshilfe an der Vitrine wurde natürlich von Niko gleich ausprobiert, denn wer drückt sich schon gern die Nase an der Scheibe platt.
Vor ein paar Tagen feierte der kleine Laden schon seinen zweiten Geburtstag – ein Grund mehr mit Patrick und seiner bunten Damenrunde über seine Vision, seinen Alltag als Selbstständiger und natürlich über sein Rudel zu sprechen: Was sonst ein Blick in das Bücherregal eines Menschen verrät, ist für Hundemenschen eine gemeinsame Gassirunde. Hier lernt man Mensch und Hund einfach am Ehrlichsten kennen.
Patrick, Lara, Owi, Fea – Ihr seid viele! Wie kommt’s?
Einen Hund hatte ich mir schon immer gewünscht. Aber dieser ging nie in Erfüllung. Vielmehr erlaubte sich meine Mutter einige Scherze – von Spardose in Hundeform bis zur Plüschversion war alles dabei. Nur leider nie ein echter Vierbeiner. Ich wartete also bis zum Ende meiner Ausbildung und dann kam Ikarus, Dalmatiner und mein absoluter Seelenhund. Ikarus war wie mein hündisches Spiegelbild. Ich hätte nie gedacht, dass so etwas möglich ist. Leider ist mein bester Freund nur drei Jahre alt geworden. Aber immer, wenn ich in meinen Laden gehe, spüre ich ihn bei mir. Denn Ikarus war damals die Inspiration für mein heutiges Geschäft und auch ursprünglicher Namensgeber.
Warum gerade ein Dalmatiner?
Wer mich gut kennt, weiß, dass ich schlecht die Füße still halten kann. In meinem Kopf schwirren immer 1000 Ideen, die ich am Liebsten gleich ausprobieren möchte. Als Energiebündel war ich also auf der Suche nach einem Vierbeiner mit ähnlicher Agilität. (Anm. Redaktion: Während ich nach unserem dreistündigen Spaziergang in der Kälte eine sonntägliche Ruhecouch vorgezogen habe, ging es für Patrick gleich weiter: streichen, Wohnung renovieren, und und und). Ich bin ehrlich, an einen Mischling hatte ich zu dieser Zeit nicht gedacht. Vielmehr schnappte ich mir ein großes Rassenbuch und bin zwischen Dalmatiner und Boxer kleben geblieben.
Aus eins, mach’ zwei und drei. Wie hast Du Dein Rudel zusammengeführt?
Hunde sind bei mir eigentlich schon immer ein und aus gegangen. Gemeinsam mit Lara habe ich immer mal wieder den einen oder anderen Hundekumpel auf unsere Ausflüge mitgenommen oder die Urlaubsbetreuung übernommen. Lara war also schon von klein auf an andere Hunde gewöhnt. Trotzdem war diese bunt gemischte Truppe so eigentlich nicht geplant. Mit Lara war ich gerade in der Anfangszeit des Ladens genug ausgelastet. Dann wurde sie ungewollt schwanger. Die Eröffnung und sehr intensive Anfangszeit des Ladens haben wir irgendwie gemeistert, so dass ich sogar überlegte, einen Welpen selbst zu behalten. Als sich dann aber ein neues Zuhause mit Garten und Haus anbot, habe ich mich dann doch zu Gunsten des Welpen entschieden. Doch wie so oft im Leben, kam mal wieder alles anders, als ich mir das vorgestellt hatte: Labradordame Owi ist endgültig bei uns eingezogen, als meine damalige Beziehung in die Brüche ging. Sie und Lara waren zu dem Zeitpunkt schon ein Herz und Seele. Wir brachten es beide nicht übers Herz, die beiden Fellnasen zu trennen.
Seit Weihnachten komplettiert nun Mini-Chihuahua Fea meine Kleinfamilie. Kurz vor den Feiertagen bekam ich eine Nachricht von ihrem Züchter. Die Kleine wurde nach nur einer Woche wieder zurückgebracht. Ich musste nicht lange überlegen. Mit ihren vier Monaten hat sie anscheinend schon einiges erlebt. Sie fasst schwer Vertrauen und ein paar kleine Spleens sind auch schon erkennbar. Bei den beiden Großen ist die kleine Dame auch noch nicht richtig angekommen. Weder Lara noch Owi können mit Feas Größe momentan viel anfangen. An die sanftmütige Owi traut sich Fea aber mitterweile schon ran, tapst ihr auf der Nase oder leckt sie ab. Wie sich das Selbstbewusssein langsam aufbaut, zeigt sich beim Ball spielen: Oft rennt sie den beiden Großen hinterher und meckert Owi an. Für Fea ist es noch ein Weg, aber mit viel Geduld und Zeit wird sie in unserem Rudel bald ankommen.
Vor ein paar Wochen hat uns leider mein Kater verlassen, der nun ein kleines Loch in unsere Runde reißt.
Du warst vorher als Laborant angestellt. Mit Deinem BARF Shop hast Du einen ganz neuen Weg eingeschlagen. Wie ist es dazu gekommen?
Ikarus litt an einigen Unverträglichkeiten und Hautproblemen. Damals habe ich angefangen, nach Alternativen zu suchen und bin schließlich beim BARF gelandet. Relativ schnell zeigten sich erste Erfolge und Ikarus ging es wesentlich besser. Zu dieser Zeit war ich noch in einem Labor angestellt und ich spielte schon länger mit dem Gedanken, mir etwas eigenes aufzubauen. Die perfekte Lage für meinen Traum-Laden war schnell gefunden. Und trotz großer Konkurrenz konnte ich mit meinem Konzept den Vermieter überzeugen und schon ging’s los. Besonders die erste Zeit war sehr intensiv und hat mir einiges abverlangt: Was erwarten die Kunden von mir? Wie kann ich meine Nische finden? Oh mein Gott, Lara bekommt 10 Babys!? Packe ich das Ganze? Obwohl sich die Bilanzen absolut positiv entwickelten, ging mir irgendwann das Geld aus. Ich wusste, dass mir nur die Zeit einen Strich durch die Rechnung machen kann. Zeit ist Geld und das hatte ich nicht. Mit einer Finanzspritze von meiner Mutter und dem Verkauf meines Autos ging es dann weiter.
Für mein Angebot habe ich eine Menge ausprobiert. Zur BARF Fütterung gibt es ja noch keine aussagekräftigen Studien, an denen man sich für die Zusammenstellung der Komponenten orientieren kann. Bei den Menüs achte ich sehr auf Vielfältigkeit, um auch möglichst alles abzudecken, was die Vierbeiner brauchen. Aber auch Transparenz. Die Zutaten in den Menüs sind in der Theke komplett aufgelistet und auf meiner Internetseite findest du auch eine Aufzählung aller Zutaten. Da kommt schon was zusammen. Außerdem verwende ich Fleisch in Lebensmittelqualität.
Ich spiele auch gern mit den Mengen der einzelnen Zutaten rum: Biologische Varianz ist das Stichwort. Ich vergleiche Organe gern als eigenständige Lebewesen. Und wir alle wissen, was passiert, wenn man jeden Tag immer das Gleiche macht. Genau! Man fängt an, sich zu langweilen. Daher versuche ich durch Varianzen, die Organe dazu zu bringen, mal auf Hochtouren zu arbeiten und dann wieder eine Pause zu bekommen. Daher ist es auch sehr wichtig, manchmal Mahlzeiten komplett wegfallen zu lassen oder einen oder mehrere Tage ausschließlich Pansen zu füttern.
Und der Appetit meiner vierbeinigen Kunden gibt mir recht. Sogar viele schlechte Esser schaufeln nun was das Zeug hält, auch Hunde, die BARF vorher teilweise verschmäht haben.
Ein eigenes Business aufzubauen, ist an sich schon sehr tagesfüllend. Wie hast Du damals Lara in Deinen neuen Rhythmus integriert?
Grundsätzlich nehme ich Herausforderungen erst einmal an, egal wie sie kommen. Daher plane ich nicht groß in Voraus, sondern entscheide intuitiv, aus der jeweiligen Situation heraus.
Trotzdem war die Gründung kein Alleingang. Ohne Dogsitter-Service hätte ich das so nicht geschafft. Für mich war die ganze Zeit ein reiner Lernprozess. Zwei Tage vor der Eröffnung zum Beispiel hatte ich noch nicht genug Ware für die Regale. Also bin ich kurzerhand nach Hannover zu einer Hundemesse gefahren, um mich einzudecken. Gebremst wurde das Ganze durch Laras Welpenalarm, relativ kurz nach der Eröffnung. Die kleine Rasselbande wirbelte auf einmal nicht nur Laras Leben kräftig durcheinander. Denn ich musste schauen, wie ich den Laden und eine Rund-um-die-Uhr-Versorgung für Lara und die Welpen garantieren konnte. Nach dem Auszug der Welpen musste ich richtig reinklotzen und Lara ziemlich zurückstecken. Die Situation war mir durchaus bewusst. Aber auch weniger schöne Phasen gehören zum Leben dazu. Lara hat sich in die Spontanitäten solcher Tage wunderbar eingefügt, obwohl sie unglaublich viel Energie in sich trägt. Nach knapp 10 Monaten konnte ich Lara als solche wieder richtig einplanen. Ganz bewusste Auszeiten, die nur Lara gehört haben, waren mir sehr wichtig. Und sie hat diese ganz dankbar angenommen.
Was macht Dir im Laden am Meisten Spaß?
In meinen Laden kommen sehr unterschiedliche Menschen – aber alle verbindet eines – gesundes Futter für ihre Lieblinge ist ihnen wichtig. Besonders schätze ich das Vertrauen, das mir meine Kunden von Anfang an entgegen bringen. Denn nicht nur Lob lässt mein Konzept wachsen, sondern auch das Feedback und offene Fragen, die mich weiter tüfteln und testen lassen. Probleme zu lösen, steht für mich in allen meine Aktivitäten mit an erster Stelle. Und da ich sehr kreativ bin, lebe ich mich darin besonders aus.
Den meisten Spaß bringt mir, kaum zu glauben, tatsächlich die Ungewissheit. Ich brauche Abwechslung. Wenn etwas anfängt, weniger Spaß zu machen, geben einem die Mitarbeiter den notwendigen Freiraum, um sich völlig neu zu erfinden. Daher nun auch der Onlineshop. Ich wollte alles möglichst vereinen, also von der klassisch tiefgekühlten Ware, die bestellt werden kann, bis hin zur Lieferanfrage und Vorbestellung zur Abholung im Laden.
Und natürlich die Produktgestaltung! Ein sehr intessantes Thema. BARF Fütterung soll ja nicht nur gesund sein, sondern auch so einfach wie möglich funktionieren, wie etwa das Öffnen einer Dose. Daher setze ich auf biologische, wiederverschließbare Verpackungen und unter anderem auf Portionierungen von 12 x 50 Gramm. Ich denke permanent darüber nach, wie das Produkt am einfachsten in den Napf kommt, ohne schmutzige Finger oder Blutspritzer an der Wand.
Wie erlebst Du Berlin als Hundehalter?
Die absolute Hundehauptstadt. Allerdings könnte für Hunde und ihre Halter noch viel mehr getan werden. Zum Beispiel sind ausreichende und artgerecht gestaltete Hundeplätze immer noch Mangelware beziehungsweise wird die gesamte Verantwortung an private Vereine abgeschoben.
Ansonsten mache ich mit meinem Rudel nur positive Erfahrungen. Das liegt aber daran, dass Lara, Owi und ich ein sehr eingespieltes Team sind und ich mich jederzeit auf die beiden verlassen kann. Selbst wenn ich irgendwo nur einen Kaffee trinke, fallen wir auf und werden angesprochen, weil meine Hunde sehr gut erzogen sind. Ich finde es super, wenn andere Menschen sich so offen für Hunde interessieren und Berührungsängste abbauen. Denn oft sind Kinder ganz unvoreingenommen und eher die Eltern ängstlich. Da sehe ich auch eine große Verantwortung der Hundehalter. Nur so können wir Vorurteile abbauen und das Zusammenleben in der Stadt, auch mit Nicht-Tierliebhabern, positiv gestalten.
Große Hunde in der Großstadt?
Die Größe spielt meiner Meinung nach eigentlich keine Rolle. Jeder Hund möchte raus und etwas erleben.
Ich sehe oft Hunde, die ganz aufgeschlossen und freudig in ihr neues Zuhause einziehen und dann mit der Zeit aufgeben, weil sie ja doch nie von der Leine kommen oder Kontakt zu Artgenossen haben dürfen. Sehr traurig, wenn eine solche kleine freudige Seele gebrochen wird. Mehr öffentliche Räumlichkeiten in der Stadt, die ganz ohne Ausnahme von Hunden betreten werden dürfen, finde ich hier besonders wichtig.
Stell dir vor, es gäbe wirklich ausreichend Hundespielplätze. Viele Menschen, die (durch verschiedene Umstände bedingt) kaum etwas machen, würden sicherlich solche Hundeplätze besuchen. Wenn nicht mit dem jetzigen Hund, dann aber hundert pro mit dem nächsten. So viele Hunde wären viel ausgeglichener. Automatisch würde weniger Konfliktpotential entstehen, weil die Hunde sich artgerecht durch Kontakt mit Artgenossen auslasten können.
Dein Geheimtipp für Berlin?
Ja, habe ich – sogar einige. Die gebe ich aber nicht einfach so preis. Mittlerweile halte ich nun schon fast 9 Jahren Hunde und muss immer wieder erleben, dass einige Orte, die ich regelmäßig besuche, wirklich sehr verschandelt werden.
Alle Fotos: van Loeper
Es ist sicherlich aufgefallen: Es gibt tatsächlich kein einziges Foto, auf dem alle Hunde (und Patrick) gemeinsam drauf sind. Die Rasselbande ist einfach zu wuselig. Und Patrick schaltet auf seinen Hunderunden am liebsten ab und nicht die Handykamera an. Also trefft am Besten Patrick und sein Rudel mal live, und zwar hier: in der Dunckerstrasse 16, 10437 Berlin 🙂