pudelwohl plus 1: Im Gespräch mit Stefanie Werner von Kausnack-Held*
Wie passiert eigentlich hinter den Kulissen eines Onlineshops? Und wie sieht der Alltag zwischen Bestellungen sortieren, Kundenanfragen beantworten und Pakete packen für die oftmals kleinen Teams aus? Fragen, die ich vor einigen Monaten gerne mit Anna von Lotte & Anna Hundeshop besprochen hätte. Leider machte mir die fehlende Zeit von Anna einen dicken Strich durch die Rechnung und die Idee wanderte zurück in die Schublade. Bei Anna ist in der Zwischenzeit viel passiert und über ihre Empfehlung bin ich nun doch zu meinem pudelwohl plus 1 gekommen – zwar nicht mit Anna, dafür aber mit Stefanie Werner von Kausnack-Held. Und damit schließt sich der Kreis.
Auf Kausnack-Held bin ich vor einigen Wochen über Instagram aufmerksam geworden. “Plastikfrei” und “natürlich” haben mich neugierig gemacht. Also musste ich gleich genauer hinsehen. Aber am besten erzählst Du mal selbst.
Hinter Kausnack-Held stecken mein Mann Andre und ich sowie unsere beiden Labradore Johnny und Charly. Das wunderschöne Ruhrgebiet oder – eher mitten drin in Recklinghausen – ist unser Zuhause. Ein wunderbares Fleckchen Erde, das wir nicht mehr missen möchten. Die meisten können sich auf den ersten Blick gar nicht vorstellen, wie viele unfassbar grüne Ecken zu kleinen Naturauszeiten einladen. Du kannst hier laufen und wandern, bis dir die Füße abfallen. Spazieren wir hier bei uns auf die Halde, belohnt uns ein wirklich einmaliger Panoramablick über das ganze Ruhrgebiet. Da geht mir immer wieder das Herz auf. Durch die Vernetzung der Städte untereinander, kommst du hier im Sektor auch recht gut ohne Auto zurecht. Bus und Bahn bringen dich wirklich in jeden Winkel. Extrem spannend, macht viel Spaß, und viele Hunde gibt es auch. Also wir wollen hier nicht mehr weg.
So lange gibt es Kausnack-Held also noch nicht?
Offiziell sind wir im Oktober 2018 mit unserem kleinen Familienunternehmen gestartet. Allerdings sind Andre und ich sind schon relativ lange in der Hundeszene unterwegs. Andre ist Hundephysiotherapeut. Ich bin Ernährungstherapeutin für Hunde und habe eine Ausbildung zur Tierheilpraktikerin gemacht. Also gerade was Ernährung angeht, kennen wir uns beide sehr gut aus. Aber nicht nur durch das Studium; viel Erfahrung nehmen wir auch von unseren Kunden aus der Praxis mit. Die führen wir natürlich parallel neben dem Kausnack-Held weiter. Das Schöne daran ist, dass wir beide Arbeits- oder besser gesagt Herzenswelten sehr gut miteinander verbinden können und das Feedback beziehungsweise auch die Fragen unserer Kunden für die jeweilige Seite sehr wertvoll ist.
Von “Mein Hund frisst nicht gerne“ bis “Irgendwie knabbert der nicht”
Daraus ist unter anderem unsere Kau-Idioten-Box entstanden. Vor allem Bully-Halter beobachten immer wieder, dass ihr Hund total gerne kaut. Aber alles, was nur einen Hauch kürzer ist als der Hund selbst, möchte am liebsten runtergeschluckt werden. Bullys – wie auch alle anderen Hunde – sind aber eben keine Schwertschlucker. Und mit diesem Gedanken haben wir die Kau-Idioten-Box entwickelt. Die Snacks in der Box sind besonders langlebig und eben auch im XXL-Format. Die kann kein Hund mit einem Mal abschlucken.
Bei der Zusammenstellung unseres Sortiments haben wir darauf geachtet, für möglichst alle Ernährungsbedürfnisse optimale Snacks anzubieten, sei es für Welpen, Senioren oder speziell für Allergiker. Dörrfleisch zum Beispiel eignet sich sehr gut für Senioren. Uns geht es aber nicht nur um das reine Angebot. Wir wollen unseren Kunden auch so viel Hintergrundwissen wie möglich mit an die Hand geben. Ich erkläre immer wieder gerne, was sich eigentlich im Verdauungstrakt ihres Vierbeiners bei dem jeweiligen Snack abspielt. Das besagte Stück Dörrfleisch verursacht nur eine geringe bakterielle Verdauung im Dickdarm. D.h. die Aktivität des Dickdarm belastet den Hundeorganismus also wesentlich geringer. Das Angebot allein macht es in unseren Augen also allein nicht. Diese Feinheiten in der Ernährung eines Hundes wollen wir weitergeben, sei es durch das Magazin auf der Webseite oder im persönlichen Beratungsgespräch. Denn nur so können wir auch aktiv zu einer optimalen Ernährung der Hunde beitragen.
“Das Wohl des Hundes steht bei uns an erster Stelle. Aber auch Herrchen und Frauchen sollen ihren Spaß beim Einkauf haben …”
und so ist auch der Mixer entstanden. Durch Rückmeldungen aus dem Shop haben wir gemerkt, dass viele Kunden erst einmal gar nicht so viel von einer Sorte kaufen wollen. Vor allem, wenn sie das erste Mal bei uns bestellen. Denn ob der Snack tatsächlich den Geschmack des Hundes trifft und auch gut verdaut wird, muss ja zuerst herausgefunden werden. Nur weil ich als Halterin die Sprotten gut und gesund finde, muss mein Hund die kleinen Fische noch lange nicht mögen. Damit wollen wir auch eine gewisse Art von Lebensmittelverschwendung vermeiden. Erstens brauchen die Kunden nicht auf gut Glück unnötig Geld ausgeben. Im Fall der Fälle müssen sie dann auch nicht darüber nachdenken, was sie mit den verschmähten Snacks machen. Denn nicht immer findet sich ein dankbarer Abnehmer. Wie bei uns Menschen auch sollte das Futter für die Hunde komplett aufgebraucht werden. Und daher wollen wir unseren Kunden ermöglichen, entsprechend vorausschauend einzukaufen.
Unverträglichkeiten sind ein gutes Stichwort. Siehst du bestimmte Tendenzen in der Behandlung deiner Patienten?
In unserem Praxisalltag in der Physio und Ernährungsberatung dreht sich mittlerweile vieles um Unverträglichkeiten, Allergien, Hot Spots (also offene juckende Stellen). Allerdings fällt mir hier auch immer wieder auf, dass viele Allergiediagnosen aus einer gewissen Verlegenheit gestellt werden. Vor kurzem suchte mich eine Halterin mit ihrem Hund in der Praxis auf. Sie kam direkt aus der Tierarztsprechstunde – mit der Diagnose Allergie und der Empfehlung zu einer Ausschlußdiät. Im Gespräch zur Anamnese schaute ich mir ihren Hund genauer an und plötzlich lief mir ein Floh über die Hand. Das ständige Kratzen des Hundes erschien damit in einem völlig neuen Licht. Der Umgang mit „Allergien“ ist meinen Augen total umstritten. Häufig werden Verlegenheitsdiagnosen gestellt, obwohl es sich gar nicht um eine echte Allergie handelt. Vielmehr zeigt der Organismus eine Überreaktion, die nicht unbedingt in einer Allergie ausarten muss. Solche Reaktionen oder Futtermittelunverträglichkeiten lassen sich mit therapeutischer Unterstützung wieder gut in den Griff bekommen.
Viele Hundehalter sind mit der Diagnose erst einmal überfordert sind und wissen nicht, wo sie ansetzen sollen. In unserem Magazin haben wir deshalb eine eigene Rubrik zu diesem Thema aufgemacht, um die Betroffenen in ihrer Situation abzuholen. Bleiben dennoch Fragen offen, helfen wir auch telefonisch weiter. Das wird tatsächlich auch immer mehr in Anspruch genommen. In zwei Fällen haben ich aus dem Gespräch heraus empfohlen, zuerst eine Fachberatung vor Ort aufzusuchen und das Problem direkt zu erörtern.
Als ich die ersten Posts von Euch auf Instagram gesehen habe, fielen mir sofort die braunen Papiertüten auf.
Verglichen mit Großstädten wie Berlin, Hamburg oder München erfordert unser Konzept gerade im ländlichen Raum deutlich mehr Erklärungsbedarf. Schau’ ich mir speziell unsere Stadt an – ist hier unsere Mission von Kausnack-Held noch gar nicht richtig angekommen. Wir müssen uns da momentan richtig einhängen, um den Leuten das zu vermitteln. Es ist dennoch erstaunlich, wie gut der Kausnack-Held angelaufen ist. Und bei uns in Recklinghausen hat der einzige Low Waste Lebensmittel-Laden genau ein Jahr durchgehalten.
Bei Low Waste bemerken wir noch viele Berührungsängste. Ich finde es erschreckend, wie wenig sich Leute generell darüber Gedanken machen. Es ist schließlich kein Hexenwerk anstatt einer Plastiktüte zu einer Tüte aus Papiertüte zu greifen.
Papier ist eben nicht durchsichtig. Im Ladengeschäft hast du das Problem mit Papierverpackungen, dass die Kunden, die das Produkt nicht kennen und sich nicht anschauen können, sich schwer damit tun, dieses Produkt letztlich zu kaufen. Ich glaube, damit haben viele Unternehmen zu kämpfen. Als Onlineshop haben wir den Vorteil, zusätzlich schöne, aussagekräftige Bilder hochzuladen, um das Produkt zu zeigen.
Für Andre und mich wäre es wesentlich leichter und vor allem auch günstiger gewesen, ebenfalls diesen “klassischen” Weg zu gehen und unsere Ware auf herkömmliche Weise zu verpacken. Eine Papiertüte ist wirtschaftlich gesehen teurer als eine Plastiktüte. Aber deswegen wollten wir von unserer Vision nicht abweichen. Allerdings ist uns sehr wichtig, ein Angebot für alle Hundehalter zu schaffen und nicht nur für die, die es sich leisten können, tiefer in die Tasche zu greifen. Der markt- beziehungsweise handelsübliche Preis muss also auch mitgegangen werden. Beim „echten Preis“ würden bei uns wahrscheinlich nur die Öko-Leute einkaufen. Nur über einen marktüblichen Preis kommen auch die Otto-Normal-Kunden zu uns: Finden sie die Idee spannend und sehen in der Auswahl zwischen anderen Shops keine eklatanten Preisunterschiede, geht der Mausklick meist zugunsten der Umwelt.
Über Generationen hat sich das Kaufverhalten gelernt. Wir wollen erst einmal alles ansehen, im besten Fall anfassen können, bevor wir etwas kaufen. Papierverpackungen haben da leider das Nachsehen. Und dieses gelernte Verhalten beobachte ich sogar noch bei den Jugendlichen.
Wie lebt Ihr im Privatleben einen grünen Lebensstil? Was fällt Euch hier besonders leicht? Wo liegt manchmal der Haken?
Wir geben uns Mühe. Perfekt sind Andre und ich aber nicht – das wäre auch nicht realistisch. In unserem Alltag versuchen wir, viele offensichtliche Sachen zu verändern. Auf dem Frühstückstisch verzichte ich gerne Scheiblettenkäse, bei dem noch jede Scheibe einzeln verpackt ist. So etwas muss nicht sein. Haben wir beim Einkaufen unsere Taschen vergessen, fragen wir einfach beim Personal im Supermarkt nach leeren Umkartons. Zugegeben sind die Redaktionen bei uns im Pott ziemlich unterschiedlich. Für unsere mitgebrachten Gemüsesäckchen ernten wir des Öfteren den einen oder anderen schrägen Blick.
Ich muss die Banane nicht extra nochmal fünf mal eintüten, damit sie sicher vor Keimen ist. Sie ist ja schon von Natur aus sicher und vor allem sinnvoll eingepackt.
Fleisch kommt bei uns zu Hause nicht mehr auf den Tisch, sondern nur noch in den Napf. Das mag für Außenstehende vielleicht etwas befremdlich klingen, da wir in unserem Shop täglich totes Tier in den Händen halten und verkaufen. In unserer Ernährung verzichten wir weitestgehend auf tierische Produkte. Es ist erstaunlich einfach, auf Tier zu verzichten. Unseren Hunden gönnen wir es aber trotzdem. Schon im Sinne einer ausgewogenen, gesunden Ernährung. Für mich ist der Hund von der Evolution her viel näher am Wolf als am Kaninchen beziehungsweise ein Omnivor.
(** ein paar Gedanken aus unserem Alltag findet Ihr hier.)
Ernährung ist ein schwieriges Thema.
Mit Missionieren und dem erhobenen Zeigefinger kommst du nicht weit. Ob das in Ernährungsfragen ist oder eben bei Zero und Low Waste. Du musst Vorbild sein und einfach machen. Neulich sprach uns ein älteres Ehepaar im Supermarkt an. Sie waren sehr verwundert, warum wir mit unseren eigenen, mitgebrachten Beuteln und Behältern einkaufen gingen. Es seien doch genügend Plastiktüten an der Kasse erhältlich. Wir haben uns dann gerne die Zeit genommen und ihnen unsere Beweggründe erklärt. Es ist zwar nicht immer der Fall – aber wenn du siehst, wie bei deinem Gegenüber “das Licht angeht”, ist das jede Mühe wert. Oft ist es ihnen gar nicht bewusst, wie einfach sich bestimmte Dinge verändern lassen.
Denn nur, weil gerade bestimmte Lebensmittel im Angebot sind, müssen noch lange keine Hamsterkäufe gemacht werden. Vielmehr sollte sich jeder ehrlich fragen: Brauche ich das jetzt wirklich?
Aber auch mit Hund hat Lebensmittelverschwendung nur eine geringe Chance. Unsere Vierbeiner sind ja quasi kleine Mülltonnen. Das kommt zwar immer ein bisschen auf den Hund drauf an. Aber bei uns zum Beispiel landen Pastareste nicht im Müll, sondern zur nächsten Mahlzeit in den Hundenapf.
Durch meine Ausbildung zur Ernährungstherapeutin habe ich Urgetreide wie Amaranth, Quinoa und Dinkel (!) für mich entdeckt. Und das verfüttere ich guten Gewissens auch an meine Hunde. Bei uns stand gestern Abend vegane Bolognese mit Spaghetti auf dem Tisch. Und die gab es heute morgen zum Frühstück für die Hunde. Zwar mit Tofu und einer halben Zwiebel, aber die Menge macht das Gift. Ist die Masse je nach Hund vertretbar – wie bei unseren beiden Labradoren, macht eine halbe Zwiebel einfach mal nichts. Anders ist das allerdings mit einem Hund – wenn wir ins Ernährungstherapeutische gehen, der nichts anderes kennt als Trockenfutter. Stöbert dieser nun auf auf der Straße einen weggeworfenen Döner auf, kann es natürlich zu Problemen führen. Denn sein Magen und Darm sind auf nichts anderes eingestellt als auf eine gepresste Krokette, die aufgespalten werden muss. Das führt in dieser Situation automatisch zu Durchfall und Blähungen.
Persönlich setzen Andre und ich auf Mischfütterung. Johnny und Charly bekommen abwechselnd Frischfleisch, Trockenfutter oder Nassfutter und eben auch mal Reste, die von unseren Mahlzeiten übrig bleiben. Und den beiden geht es super. Die Skepsis ist ein Ding der Neuzeit. Aus Unsicherheit bleiben viele bei einer Futtersorte – über Jahre.
Vor 80 Jahren bei Oma war das Gang und Gebe, dass der Hund das bekommen hat, was übrig geblieben ist. Und auch die Hunde damals sind sehr alt geworden und was man wiederum nicht vergessen darf, die Chemie bzw. die Industrie ist heute ja auch viel weiter. – wenn man sich anschaut, wie Futtermittel haltbar gemacht werden und wieviel Synthetik da drin ist.
Und daher sind unsere Produkte nur naturgetrocknet, ohne irgendwelche Zusatzstoffe. Die Snacks sind weder besprüht, bepinselt, gezuckert oder karamellisiert. Und damit schließt sich wieder der Bogen zur Mischfütterung.
Es ist nicht immer leicht, sich aus alltäglichen Gewohnheiten zu lösen.
Wir müssen wieder lernen, mehr auf unser Bauchgefühl zu hören. Das haben viele heute vergessen und lassen sich eher von den Meinungen anderer leiten. Das Reinhorchen in sich selbst und das Vertrauen darauf, hat meinem Mann und mir bisher nie geschadet. Wir hätten auch einen normalen Kausnackshop aufmachen können. Klassisch verpackt und los gehts – hätte das unser Leben durchaus einfacher gemacht.
Du hast die Verpackung ja gesehen und weißt, wie die Tüten verschlossen sind. Jede Tüte oder Box wird per Hand befüllt und auch verschlossen. Das macht immer Andre. Seine Daumen können mittlerweile Geschichten erzählen. Er ist derjenige von uns beiden, der kopfüber über den Kausnacks hängt und die Mixtüten zusammenstellt. Er hat also jeden Snack einmal in der Hand und sortiert auch schon mal was aus. Darüber freuen sich entweder unsere Labradore oder eben der Tierschutz.
Habt Ihr das Gefühl, dass das große Thema „Klimawandel“ schon bei den Hundehaltern angekommen ist? Gibt es besondere Argumente, mit denen Ihr „immer noch“ Überzeugungsarbeit leisten müsst?
Ja, ich glaube einfach weil, es mittlerweile auch einige Startups gibt, die in dieser Richtung sehr gewissenhaft unterwegs sind, wie Christian Salzman von the PooPick (hier geht’s zum pudelwohl plus 1). Immer mehr Menschen machen sich Gedanken und entwickeln spannende Ideen mit Sinn und Verstand. Wenn du gut vernetzt bist – online als auf offline auf der Hunderunde oder in der Hundeschule – bekommst du auf jeden Fall durch Empfehlungen davon mit. Aber alles braucht auch seine Zeit. Und manchmal braucht es etwas länger, bis es Klick macht.
Gerade sowas inspiriert und regt zum Nachdenken an. Daher – wieder- missionieren funktioniert nicht. Vormachen, hoffen, dass du jemanden findest, der es interessant findet und so kommt man ins Gespräch und die Idee kann sich verbreiten.
Bei der Verpackung kommt (wenn auch selten) schon mal die Frage auf, ob die nicht durchfettet. Wenn schmierige, fettige Kausnacks in einer Papiertüte stecken, kann das unter Umständen nach einer gewissen Weile passieren. Das liegt in der Natur der Sache. Durch Umfragen wissen wir aber, dass die meisten unserer Kunden die Ware zu Hause sowieso in andere Behälter wie Glasgefäße, Blechdosen, ausrangierte Plastikbehälter oder umfunktionierte Holzkisten packen. Und die Papiertüte landet dann entweder auf dem Kompost oder im Hausmüll.
Würden wir nun Plastiktüten benutzen, hätten diese grob geschätzt eine Lebensdauer von 48 bis 72 Stunden – vom Verpacken bei uns über den DHL Postweg bis zu den Kunden. Und das hat uns nochmal den Impuls gegeben, an unserem Konzept festzuhalten.
Im Schnitt sind Plastiktüten rund 25 Minuten lang in Gebrauch. Sie werden gekauft, einmal verwendet und anschließend weggeworfen. Je nach Kunststoffsorte kann es bis zwischen 100 und 500 Jahren dauern, bis eine Plastiktüte sich zersetzt hat.
Wie sieht es auf der „Industrieseite“ aus – seid Ihr der Meinung, dass Marken noch viel mehr machen müssen, um quasi als Vorbild für den Konsumenten zu fungieren?
Da gibt es eine riesige Lernkurve. Man darf nicht vergessen, dass diese Unternehmen profitorientiert handeln. Warum sollten sie also etwas verändern, was bisher gut funktioniert hat und für gute Umsätze sorgte? Die Macht oder besser gesagt die Verantwortung, etwas zu verändern, liegt bei den Kunden. Noch viel zu wenig wird vor Ort Meinung geäußert, Kritik angebracht oder Vorschläge gemacht.
Jede Stimme zählt.
Und man muss da einfach drüber reden – wenn etwas haben möchte oder einen Service wünscht von einem Unternehmen, dann muss man das auch erzählen. Wenn das jeden Tag 50 Leute in einem größeren Systemhaus machen, hat das Nachwirkungen.
Und auch bei den Kausnacks sind die Qualitätsunterschiede teilweise gravierend. Uns ist zum Beispiel wichtig, dass wir vornehmlich deutsche Ware beziehen. Wir haben ehrlicherweise auch Trocknereien im EU-Ausland, in angrenzenden Nachbarländern. Die Qualität ist aber dennoch spürbar anders als im Vergleich zu Snacks aus Asien. Insbesondere aus Indien wird viel importiert. Durch unsere Praxis haben wir mittlerweile ein geschultes Auge. Legst du mir einen Pansen aus Deutschland und einen aus Indien auf den Tisch, kann ich dir sagen, woher welches Fleisch kommt. Ein Inder würde keine Kuh schlachten. Kühe sind dort heilige Tiere. Also werden Büffel geschlachtet. Das ist ein anderes Tier, wird aber hier als Rinder-Pansen verkauft.
Daher ist es auch normal, dass bei uns Snacks auch mal ausverkauft sind. Das hat nichts mit künstlicher Verknappung zu tun, sondern schlichtweg mit der Tatsache, dass es mitunter sehr schwierig ist, deutsche bzw. hochwertige Ware zu bekommen. Und Alternativen wie aus Asien kommen für uns einfach nicht in Frage. Wir müssen als Verbraucher wieder lernen, dass nicht immer alles verfügbar ist. Der Weg aus der Überflussgesellschaft ist das Ziel. Es ist nicht schlimm, wenn Sachen auch mal nicht sofort verfügbar sind, denn es gibt immer Alternativen. Und da kommt dann auch wieder die Mischfütterung ins Spiel.
Würdet Ihr Euch als Unternehmen dafür auch eine staatliche Unterstützung wünschen bzw. welche Möglichkeiten haben Unternehmen wie Ihr, sich nachhaltig aufzustellen?
Da bin ich etwas überfragt. Wir waren in der glücklichen Situation, unser Geschäft komplett selbst zu finanzieren. Daher kann ich gar nicht sagen, ob zum Beispiel Fördermittel von der KfW bereitstehen. Es gibt aber ein paar interessante Awards für Gründer, für die man sich bewerben kann.
Eine Auswahl an Awards und Wettbewerben mit Fokus auf Green Economy und Nachhaltigkeit:
StartGreen Award
NEA Next Economy Award
Der deutsche Nachhaltigkeitspreis
KarmaKonsum Award
Green Alley Award
Gründen-Live
KfW Award Gründen
Plan B
ZEIT WISSEN-Preis
Bundespreis Eco-Design
Welche Werte sind Euch besonders wichtig?
Ehrlichkeit steht bei uns an allererster Stelle. Wir wollen – egal ob bei unseren Patienten in der Praxis, unseren Kunden und auch Lesern des Magazins eine ehrliche Meinung abgeben. Wir wollen Hundehalter unterstützen, die Ernährung ihres Vierbeiners besser zu verstehen. Das geht natürlich auch Hand in Hand mit einem individuellen Kundenservice, der jeden dort abholt, wo Unterstützung gebraucht wird, aber auch zum Nachdenken und Selbermachen anregt. Ich habe am Wochenende wieder mein Lavendelöl gemacht und das für das Magazin begleitet. Man muss nicht immer alles kaufen.
Und natürlich die riesengroße Leidenschaft, mit der wir unseren Kausnack-Held aufbauen.
Was ist Euch in der Zusammenarbeit mit Lieferanten wichtig?
Wir achten stark auf das Auftreten und die Ehrlichkeit. Wir lassen da auch unser Bauchgefühl sprechen, ab wir mit einer Trocknerei zusammenarbeiten wollen oder eben nicht. Einerseits müssen diese uns glaubhaft versichern, dass das gesamte Fleisch luftgetrocknet und nicht behandelt ist. Aber auch der sichere Nachweis, wo die Ware herkommt, ist für uns unfassbar wichtig. Ein weiterer riesengroßer Erfolg ist es, wenn etablierte Trocknereien sich soweit auf eine Zusammenarbeit mit uns einlassen und uns ausschließlich mit loser Ware beliefern.
Interessant ist auch, dass es in Deutschland keine Vorgaben für Plastikverpackungen der Kausnacks gibt. Mitunter kaufen Shops, die ihre Snacks selbst verpacken, zumeist die „billigsten“ Plastiktüten und die sind im Zweifel nicht lebensmittelecht.
Was gehört für Euch zu einer gesunden, ausgewogenen Ernährung eines Hundes?
Das Allerwichtigste sind Abwechslung und frische Zutaten. Wir füttern nach der Faustformel dreimal bis viermal pro Woche ein Kausnack der länger als 15 Minuten hält – zum Zähneputzen. Kausnacks sollen ja nicht nur den Haltern ein gutes Gefühl bescheren, ihren Hund zu belohnen, sondern sollen ja dem Hund beim Zähne putzen helfen. Die Speichelentwicklung beim Knabbern wirkt ja antibakteriell. Die Reibung löst den Zahnbelag. Leicht verdauliche Kausnacks wie Dörrfleisch oder Hühnerbrust oder Cracker dürfen ruhig täglich gefüttert werden.
Getrocknete Lungenwürfel liebt Niko fast ebenso innig wie Käse. Als kleine Snacks zwischendurch dürfen sie also nicht fehlen. Ich hatte mal irgendwo gehört, dass Innereien nicht zu häufig gefüttert werden sollen, da es ansonsten zu Durchfall kommen kann. Stimmt das?
Rohe Lunge, wenn man die schneidet, ist wie Kaugummi. Die Stücke werden von der Magensäure zwar angegriffen, aber nicht ganz zersetzt. Die Lunge wandert dann in den Dünndarm und wird dort noch ein bisschen verdaut. Im Dickdarm kommt die bakterielle Verdauung zum Zug. Dauert das zu lange, reagiert der Organismus – meistens mit Durchfall. Das ist aber nicht mit getrockneter Lunge vergleichbar. Die Stücke haben ja nicht mehr diese kaugummiartige, zähe Konsistenz, sondern sind eher bröselig. Und die wiederum verpufft in der Magensäure. Kaum mit Fett, wie Dörrfleisch, Rinder- oder auch Pferdefilet ist sie so leicht verdaulich, damit bringt man den Magen-Darm-Trakt nicht durcheinander. Anders als zum Beispiel bei Ochsenziemern. Da hat der Magen-Darm-Trakt schon ein bisschen was zu tun. Das hängt aber wiederum davon ab, wie sehr der Hund das runterkaut. Wenn der Hund den Snack ganz gut durchkaut, als in kleinen Stücken dann ist das alles easy. Hast du allerdings einen Kandidaten, der alles weg atmet und vllt sogar noch die letzten 4 bis 5 cm runterschluckt, ist das dann schon schwer anstrengend. Den würde ich also in diesem Fall eher drei bis viermal die Woche füttern, aber eben nicht täglich.
Welche Fehler bei der Auswahl des richtigen Kausnacks bzw. Der Fütterung des Snacks machen Halter sehr häufig?
Zum Einen wählen sie oftmals die falsche Größe. Hast du einen Hund, der große Sachen abschluckt, musst du überdimensional groß kaufen, damit das nicht passieren kann. Und dann das letzte Stück, was wiederum abgeschluckt werden kann, tauschen gegen etwas anderes besser verdauliches. Parallel dazu und eigentlich auch das Gegenteil ist, dass die Leute zu wenig harte Kausnacks füttern. Sie denken, das ist so hart und nachher hat mein Hund Probleme damit. Aber harte Kausnacks sind für die Zahnpflege total wichtig. Oder auch Fellohren wie vom Rind oder Hasen haben wertvolle Ballaststoffe, können aber auch den Darm reinigen.
Wenn etwas verdaut wird, entsteht richtig Arbeit.
Auch der Wille des Hundes, sich länger mit etwas zu beschäftigen, ist enorm wichtig. Der lässt im Alter vielleicht mitunter ein bisschen nach. Dazu wird der Magen-Darm-Trakt im Alter ebenso träger. Das sollte nicht unterschätzt werden. Daher muss man zum Beispiel für Senioren einen guten Kompromiss finden – einerseits Zähneputzen, aber auf der anderen Seite leichter verdaulich – daher etwas mittelhartes, was er noch gut kauen kann und sich damit auch länger beschäftigt. Da muss es nicht nur vorrangig um die Reibung gehen, sondern vor allem um die Produktion von Speichel. Das ist super wichtig für die Maulhygiene. Und trotzdem muss es vom Magen-Darm-Trakt auch gut verdaut werden können.
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Vielen Dank für das tolle Gespräch! Ich werde nun wesentlich bedachter in die Snack-Kiste greifen und das eine oder andere Stück etwas weniger füttern.
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